Bayern/Heimatrecht/Staatsbürgerschaft

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Für das Königreich Bayern wurden Staatsbürgerschaft und Heimatrecht durch die Verfassungsurkunde vom 26. Mai 1818, durch das dieser beigefügte Edict über das Indigenat sowie durch das Gesetz vom 11. November 1825 über Ansässigmachung und Verehelichung geregelt.

Gesetzestexte

Verfassungsurkunde für das Königreich Bayern vom 26. Mai 1818

Titel IV. Von allgemeinen Rechten und Pflichten

§ 1. Zum vollen Genusse aller bürgerlichen, öffentlichen und Privatrechte in Bayern wird das Indigenat erfordert, welches entweder durch die Geburt oder durch die Naturalisirung nach den nähern Bestimmungen des Edictes über das Indigenat erworben wird.

Anmerkung: Siehe hierzu das Edict über das Indigenat vom 26. Mai 1818 (war Beilage I. zur Verfassungsurkunde); nach den Rechten und Pflichten angefügt.

§ 2. Das Bayerische Staats-Bürgerrecht wird durch das Indigenat bedingt, und geht mit demselben verloren.

§ 3. Nebst diesem wird zu dessen Ausübung noch erfordert:

  • a) die gesetzliche Volljährigkeit;
  • b) die Ansässigkeit im Königreiche, entweder durch den Besitz besteuerter Gründe, Renten oder Rechte, oder durch die Ausübung besteuerter Gewerbe, oder durch den Eintritt in ein öffentliches Amt.

Anmerkung: hierzu siehe auch das Gesetz vom 11. November 1825 über Ansässigmachung und Verehelichung, modifiziert 1.7.1834, (hier mussten umfangreiche Aussagen und Bestätigungen über Vermögen, Besuch der Schule mit Religionsunterricht auch an Sonntagen bis zum 18. Lebensjahr,Teilnahme mit gutem Erfolg, evtl. Entlassungzeugnis aus der Armee usw. beigebracht werden)

Edict über das Indigenat

§ 1. Zum vollen Genusse aller bürgerlichen öffentlichen und Privatrechten in Baiern wird das Indigenat erfordert, welches entweder durch die Geburt, oder durch die Naturalisation erworben wird.

§ 2. Vermöge der Geburt steht Jedem das Baierische Indigenat zu, dessen Vater oder Mutter zur Zeit seiner Geburt die Rechte dieses Indigenats besessen haben.

§ 3. Durch Naturalisation wird das Indigenat erlangt:

  • a) wenn eine Ausländerin einen Baier heiratet;
  • b) wenn Fremde in das Königreich einwandern, sich darin ansäßig machen, und die Entlassung aus dem fremden persönlichen Unterthans-Verbande beygebracht haben;
  • c) durch eine besonderes nach erfolgter Vernehmung des Staatsrathes ausgefertigetes Königl. Decret.

§ 4. Durch den bloßen Besitz oder eine zeitliche Benützung liegender Gründe, durch Anlegung eines Handels, einer Fabrik, oder durch die Theilnahme an einem von beyden, ohne förmliche Niederlassung und Ansässigmachung, werden die Indigenats-Rechte nicht erworben.

§ 5. Auf gleiche Weise können die Fremden, welche in Baiern sich aufhalten, um ihre wissenschaftliche, Kunst- oder industrielle Bildung zu erlangen, oder sich in Geschäften zu üben, oder welche sich in Privat-Diensten befinden, ohne sich förmlich ansässig gemacht, oder eine Anstellung erlangt zu haben; oder soche Individuen, welche mit ihrem Domicil den an andere Souverains übergegangenen Landestheilen angehören, vorbehaltlich der vertragsgemäßen Rückwanderung, auf die Rechte eines Einheimischen keine Ansprüche machen.

§ 6. Das erworbene Indigenat geht verloren:

  • 1) Durch Erwerbung oder Beybehaltung eines fremden Indigenats ohne besondere Königl. Bewilligung;
  • 2) durch Auswanderung;
  • 3) durch Verheirathung einer Baierin mit einem Ausländer.

§ 7. Das Indigenat ist die wesentliche Bedingung, ohne welche man zu Kron-Oberhof-Aemtern, zu Civil-Staatsdienste, zu obersten Militaire-Stellen, und zu Kirchen-Aemtern oder Pfründen nicht gelangen, und ohne welche man das Baierische Staats-Bürgerrecht nicht ausüben kann.

§ 8. Nebst dem Indigenat wird zu letzterem erfordert:

  • a) die gesetzliche Volljährigkeit;
  • b) die Ansässigkeit im Königreiche entweder durch den Besitz besteuerter Gründe, Renten oder Rechte, oder durch Ausübung besteuerter Gewerbe, oder durch den Eintritt in ein öffentliches Amt;
  • c) bei den Neueinwanderern ein Zeitverlauf von sechs Jahren, vorbehaltlich der zur Ausübung gewisser vorzüglicher staatsbürgerlicher Rechte in constitutionellen Gesetzen enthaltenen besonderen Bestimmungen.

§ 9. Nur derjenige Baier, welcher den oben bemerkten Bedingungen Genüge geleistet hat, erhält den politischen Stand eines Staatsbürgers im Königreiche, und die verfassungsmäßige Theilnahme an der Stände-Versammlung.

§ 10. Das Staatsbürgerrecht geht verloren:

  • 1) Mit dem Indigenate;
  • 2) durch die ohne Königl. ausdrückliche Erlaubniß geschehene Annahme von Diensten, oder Gehalten oder Pensionen, oder Ehrenzeichen einer auswärtigen Macht, vorbehaltlich der verwirkten besonderen Strafen;
  • 3) durch den bürgerlichen Tod.

§ 11. Diejenigen Baierischen Unterthanen, welche mit ausdrücklicher Königlicher Erlaubniß in fremde Dienste getreten sind, bleiben verpflichtet:

  • a) in ihr Vaterland zurückzukehren, sobald sie entweder durch einen an sie gerichteten directen Befehl, oder durch eine General-Verordnung zurückberufen werden;
  • b) der fremden Macht, in deren Dienst sie übergehen wollen, den Dienstes-Eid nur unter dem Vorbehalt leisten, nie gegen ihr Vaterland zu dienen;
  • c) auch ohne besondere Zurückberufung den fremden Dienst verlassen, sobald diese Macht in Kriegszustand gegen Baiern eintritt.

§ 12. Baierische Unterthanen können Besitzungen in einem andern Staate haben und erwerben, auch an Handels-Etablisements und Fabriken Theil nehmen, wenn keine bleibende persönliche Ansäßigkeit in dem fremden Staate damit verbunden ist, und es unbeschadet ihrer Unterthanenpflichten gegen das Königreich geschehen kann.

§ 13. Auswärtige Unterthanen können in dem Königreiche Baiern Grundeigenthum gleich den Königlichen Unterthanen besitzen. Sie unterliegen hierbei den Pflichten der Forensen (Anmerkung: = derjenige, welcher Grundstücke in einer anderen Flur besitzt, in welcher er nicht wohnt).

§ 14. Den Standesherren, welche sich ihren Aufenthalt in den zum deutschen Bunde gehörenden, oder mit demselben in Frieden lebenden Staaten wählen, bleiben alle durch die Königliche Declaration zugestandenen Rechte vorbehalten.

§ 15. Sie sind dagegen wie jeder andere Forensis gehalten:

  • a) alle nach den Gesetzen des Königreichs auf ihren Gütern haftenden Staatslasten und Verbindlichkeiten genau zu erfüllen;
  • b) in Hinsicht auf diese Verbindlichkeit eine Stellvertretung, und in Ansehung der Lehengüter einen Lehenträger aus Baierischen Unterthanen anzuordnen;
  • c) sie können sowohl von dem Fiscus als von den Königlichen Unterthanen nicht nur in Real- sondern auch in Personal-Klagsachen, in so weit die in Baiern gelegenen Güter einen zureichenden Executions-Gegenstand darbieten, oder dafür angenommen werden wollen, vor den geeigenten Königlichen Gerichten belangt werden. In den übrigen Verhältnissen sind die Forensen als Fremde zu behandeln.

§ 16. Den Fremden wird in dem Königreiche die Ausübung derjenigen bürgerlichen Privatrechte zugestanden, die der Staat, zu welchem ein solcher Fremder gehört, den Königlichen Unterthanen zugesteht.

§ 17. Werden in einem auswärtigen Staate durch Gesetze oder besondere Verfügungen entweder Fremde im Allgemeinen oder Baierische Unterthanen insbesondere von den Vortheilen gewisser Privatrechte ausgeschlossen, welche nach den allda geltenden Gesetzen den Einheimischen zustehen, so ist gegen die Unterthanen eines solchen Staats derselbe Grundsatz anzuwenden.

§ 18. Zur Ausübung eines solchen Retorsions-Rechts muß allezeit die besondere Königliche Genehmigung erholt werden.

§ 19. Fremde, welche mit Königlicher Erlaubniß in dem Königreiche sich aufhalten, genießen alle bürgerlichen Privatrechte, solange sie allda zu wohnen fortfahren, und jene Erlaubniß nicht zurückgenommen ist.

München, den 26. May 1818.

Maximilian Joseph

Zur Beglaubigung:

Egid von Kobell

Königl. Staatsrath und General-Secretair.

Gesetz vom 11. November 1825 über Ansässigmachung und Verehelichung, modifiziert 1.7.1834

(Text wird nachgereicht.)