Ziele und Aufgaben der wissenschaftlichen Genealogie (Kekule von Stradonitz)/25

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Ziele und Aufgaben der wissenschaftlichen Genealogie (Kekule von Stradonitz)
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übertragen werden kann, vor lauter offenen Fragen. Während nun hinsichtlich der Vererbbarkeit ererbter Eigenschaften, so weit ich sehe, in der Wissenschaft nirgends Streit herrscht, ist die Vererbbarkeit erworbener Eigenschaften sehr bestritten. Manche Forscher leugnen sie gänzlich. Mir will vor Allem scheinen, daß hinsichtlich der Unterscheidung zwischen erworbenen und ererbten Eigenschaften, oft nicht mit der nöthigen Vorsicht verfahren wird. Es giebt ja Eigenschaften, die ganz unzweifelhaft erworben sind. Wenn Jemand z. B. durch einen Unfall auf der Jagd das Augenlicht verliert, so ist die Blindheit eine erworbene Eigenschaft. Aber jeder, der auch nur die Möglichkeit behaupten wollte, daß der betreffende deswegen fürderhin blinde Kinder bekommen würde, würde doch ausgelacht werden. Andererseits wird Niemand an der Möglichkeit zweifeln, daß eine pathologische Eigenschaft, beispielsweise eine Geschlechtskrankheit, von kerngesunden Eltern erworben und dann auf die Kinder weiter vererbt werden kann. In anderen Fällen ist aber die Unterscheidung nicht so einfach. Das wird meiner Ansicht nach bei der Untersuchung der schädlichen Wirkung des Alkoholismus nicht genügend berücksichtigt. Man sagt: der und der geistig und körperlich durchaus normale Mensch ist schließlich zum Säufer geworden und seine Nachkommen sind dadurch nothwendig erblich belastet. Bei eingehenden genealogischen Untersuchungen würde man möglicher, ja meines Erachtens sogar sehr wahrscheinlicher Weise zu der Feststellung gelangen, daß der angeblich ganz normale, schließlich zum Säufer gewordene Mensch seinerseits bereits in hohem Grade erblich belastet war, so daß man sich vor die Frage gestellt sieht: wurde er zum Säufer, weil er schon erblich belastet war, und hat er nur, ganz naturgemäß, seine ererbte Belastung weiter vererbt? oder wurden seine Nachkommen erblich belastet, weil er zum Säufer wurde? Lorenz hat darauf hingewiesen, daß jeder Mensch von heutzutage offenbar ganz ausnehmend viele Säufer in seinen oberen Ahnenreihen hat, aus dem sehr einfachen Grunde, weil in früheren Jahrhunderten, unzweifelhaft, nach heutigen