Strafe muss sein

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Strafe muss sein

Von Gerhard Krosien

Drei Schmelzer Bowkes zwischen sieben und neun Jahren stromern im Jahr 1942 durch den Götzhöfener Wald. Eigentlich haben sie nichts Besonderes vor. Aber im Wald gibt es immer was zu entdecken oder zu erleben! Nicht zuletzt haben sie dort ihre „Baumburg", einen Ansitz aus Ästen, Balken und Brettern am Rande einer Viehweide. Von dort oben hat man einen guten Ausblick.

Aber an diesem Nachmittag steht ihnen der Sinn nach anderem! Sie haben von weitem einen Greifvogel über dem Wald kreisen sehen. „Der muss dort irgendwo ein Nest haben!", sind sie sich einig.

Das Nest ist bald ausgemacht. Auf einer hohen Kiefer thront es. Junge sind auch darin!

Heinrich klettert affengleich den glatten Stamm hinauf. Die Altvögel stoßen - sobald sie die Annäherung eines Wesens an das Nest bemerken - mutig auf den Störenfried herab und hacken nach ihm. Doch Heinrich - mit festem Halt unterhalb des Nestes - greift sich die drei „Daunenknäuel" aus dem Nest und steckt sie unter seinen Pullover. Dann geht es den Stamm hinunter zu seinen wartenden Kumpanen. Jeder kriegt einen Jungvogel. Voller Stolz ziehen die Burschen heimwärts, wo jedes Jungtier in einen Käfig gesetzt wird. Schließlich sollen die Vögel ja gezähmt und abgerichtet werden, haben sie jedenfalls vor!

Am nächsten Tag prahlt einer der drei Bowkes - der ältere der Brüder - in der Schmelzer Pestalozzischule mit dem „Jagderfolg". Die Kunde gelangt auch zum Schuldirektor, der im Kreise der Schüler allgemein „Laubfrosch" genannt wird. Der hat wenig Sinn für das, was die drei Burschen getan haben! Kurzerhand bestellt er sie in die Aula. Breitbeinig steht er mitten auf der Bühne - ungeduldig auf den langen gelben Zeigestock gestützt. Die Übeltäter defilieren in geziemendem Abstand an ihm vorüber, bücken sich so vor ihm, dass ihre kurzen Hosen einen Teil des Hinterschinkens freigeben. Dann saust je dreimal das dicke Ende des Zeigestocks auf die entblößten Oberschenkel. Es ertönt jeweils ein dreimaliges „Au, au, au". Danach demütiger Abgang der Delinquenten von der Bühne. Die wissen, wofür das war! Die Strafe finden sie nicht ungerecht.

Bloß - es wurmt doch sehr, dass „Laubfrosch" von der Sache Wind kriegen musste. Nicht genug damit, dass der „Schuldige" sich die Striemen mit Zwiebelsaft einrieb, damit sie noch dicker wirkten, und seine Großmutter ihn deshalb vorsorglich für einige Stunden ins Bett steckte. Er kriegte bei der nächsten Gelegenheit auch noch eine kräftige Tracht Prügel von seinem Freund Heinrich und von seinem Bruder! Denn seinetwegen hatten sie doch von „Laubfrosch" Prügel bezogen! Und auf ähnliche Touren wurde der „Schwätzer" ab dem Tag auch nicht mehr mitgenommen. Die gewilderten „Nesthocker" kamen in die Obhut des zuständigen Försters. Sicherlich sind später aus ihnen stolze „Könige der Lüfte" geworden.