Raseneisenstein

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Raseneisensteinentstehung in Coswig (Zchng: H.Sickmann)
Dieser prinzipielle Aufbau findet sich bei den Vorkommen im Lipptal bei Haltern wieder, zwischen den Sanden der Gletscherausläufer (nördlich die Hohemark, südlich die Haard)

Einführung

Eisenoxide wie Roteisenstein (Hämatit), Brauneisenstein (Limonit) oder Stahlstein (Siderit) wurden zur Eisengewinnung abgebaut. Raseneisenstein, Rasenerz oder Raseneisenerz, ist ein nachträglich verfestigtes Gemenge aus Sand, Tonerden und Eisenoxyden (Rost) in unterschiedlichsten Mengenanteilen und Beimischungen entstanden in Flussniederungen, welche von von eisenhaltigem Grundwasser durchströmt wurden. Das dabei gelöste Eisen wird nahe der Oberfläche durch den Kontakt mit Sauerstoff ausgefällt und kristallisiert mit der Zeit unter Einwirkung von Mikroorganismen zu Brauneisen. Gute Voraussetzungen für die Entstehung gab es bei uns beim Abschmelzen des Eises der letzten Eiszeit besonders in der Norddeutschen Tiefebene.

Der Raseneisenstein hat wegen des Rostes zumeist eine bräunliche Färbung, die bei hohem Mangangehalt ins Schwarze übergeht. Seine Härte liegt entsprechend seiner Entstehung zwischen krümelig und sehr fest.

Vorkommen

Raseneisenstein kommt bei uns vor in früher feuchten und sumpfigen Niederungsgebieten, vorwiegend im nördlichen Mittel- und südlichen Nordeuropa. Es gibt heute noch in Mulden, Nestern, Klüften und gangartig nahe der Erdoberfläche befindliche versandeten oder verschüttete bzw. überdeckte Vorkommen. Früher bedeutende Vorkommen in Mitteleuropa gelten Mitte des 20. Jahrhunderts weitgehend als abgebaut und damit verschwunden. Zumeist sind von den alten Lagerstätten nur noch am Rande Reste oder nicht zur Ausbeutung lohnenswerte Fundstätten vorhanden. Vorkommen zur Verwendung zur Ausbesserung historischer und unter Denkmalschutz stehender Gebäude sind sehr selten geworden und sind häufig wegen ihrer Seltenheit geschützt.

Frühere Nutzung zur Eisengewinnung

Raseneisenstein mit Eisenkonzentrationen von etwa 20-40 % wurde in Mittel- und Nordeuropa schon in der Eisenzeit zur Gewinnung von Eisenerz abgebaut und verhüttet. Die entsprechende Verhüttung geschah damals in Rennöfen. Wegen dieser Nutzung des Raseneisensteins zur Eisengewinnung ist auch die Bezeichnung Raseneisen„erz“ verbreitet. Bereits im 18. Jahrhundert wurden die regionale Raseneisenstein-Vorkommen am Niederrhein (Oberhausen) als Erzersatz herangezogen. Die Kuhlen zur Gewinnung von Raseneisenstein am Rande der Sandausläufer der Haard im Kreis Recklinghausen waren 1854 erfaßt.

Um die im 18. Jhdt gepflanzte Hofkastanie neuangeordnete Reste der 1758 beschädigten Hofumzäunung aus Raseneisenstein bei Stieren in Hamm-Bossendorf. Ideale Bedingungen in der Umgebung für die Bildung von Raseneisenstein: Oberhalb des Hofes lagen die Sandausläufer der Haard und unterhalb des Hofes die Torfstiche in der Lippeaue mit dort wachsenden beeindruckenden Eisensteinablagerungen aus dem Sand, welche beim Torfstich geborgen werden konnten.


Moosbewucherte Raseneisensteingruppe aus der angrenzenden Lippeaue als Hofumzäunung von vor 1758 bei Bredeek (Haltern-Hamm)

Raseneisenstein als Baumaterial

Eisenreicher, harter und wetterfester Raseneisenstein wurde in Westfalen vorwiegend in den von Natur aus gesteinsarmen Tieflandsregionen gerne für den Bau von Mauern, Fundamenten und Gebäuden verwendet.

Die Stadtmauer der brandenburgischen Stadt Dahme besteht so zum Großteil aus Raseneisenstein und wird daher „Eiserne Mauer“ genannt. In Teilen Mecklenburg-Vorpommerns, u. a. in der Gemeinde Grebs-Niendorf, sind zahlreiche alte Häuser und Kirchen, die ganz aus dem dort „Klump“ genannten Raseneisenstein errichtet wurden, typisch (Ort Klump (Winzenburg).

So besteht auch in der Kreisstadt Ludwigslust die Stadtmauer aus diesem Material. Auch der Turm der evangelischen Kirche in Winsen (Aller) am Südrand der Lüneburger Heide wie auch der untere Teil des Kirchturmes der Elisabethkirche in Langenhagen hat mächtige Mauern aus Raseneisenstein, ebenso der Kirchturm der St. Nicolai Kirche in Hannover - Bothfeld.

Lage der Raseneisensteingruben (Steinkuhlen) zwischen Haltern und Recklinghausen am Rande der Haard 1854. Bei dem eiförmigen Waldgebiet am unteren Bildrand handelt es sich um die Hülsberger Mark am Rande der Lippeaue

Lippeaue: Steinebrechen am Hang der Haard

"Anno 1694 den 28.April hat Jürgen im Mersche sive Huer Aleff und Trine Teveß künftiger Eheleute ihr Lebenlang den g.ten Kotten gewunnen und ...daß Sie .... für die übrige acht Rt in dem Lenckeler Hahrt Steine brechen solle und wolle."

Hier handelte es sich um Raseneisenstein, der in der Nähe des Hofes Overhoff, im "Lenkelar" am Fuße der Sandausläufer der Haard, am Rande der Lippeaue in "Steinkuhlen" (Steenkulen) gebrochen wurde. Daraus entstanden zum Beispiel Steineinzäunungen und später ein Kellerraum des Schulte zu Herne (Marl). Die geologische Lage des Steinbruchs entspricht obiger Skizze.

Unweit entfernt lag eine weitere Abbausrätte des harten Raseneisensteins.

"Pro 1771 23. Nov. Gab Sondag an, daß er von Herrn Curator darzu bestellt wäre, zu der im Jahr 1774 vorgenommenen Reparatur der Kornmühle an der Sickingmühle Steine zu brechen, welche er Sondag denn auch getan und dafür 3 RT die von Herrn Curator auch accordiert wären, haben müßte."

Aus dieser Abbausrätte des harten Raseneisensteins könnte auch die noch 1955 teilweise erhaltene Steineinzäunung des benachbarten Hofes Kleine Schulte bei der Kirche in Hamm-Bossendorf stammen.

Bicksteene, Eisenortgestein

"Bicksteene" (ndd.) sind schwarz-braune Natursteine aus Eisenortgestein oder Raseneisenerz (Raseneisenstein). Diese wurden über Jahrhunderte im münsterländischen Sandland und an den Sandrändern der Lippeaue von den Äckern abgesucht (afgebickt) und als harter Bodenbelag in Bauernhäusern (Deele, Scheune, Kammer) eingesetzt.

Namensgebung

Familiennamen

Aus der Spezialisierung des Steinbrechens von Raseneisenstein im Nebenberuf von Köttern, konnte zur genaueren Personalisierung bei weiterem Vorkommen des ererbten Hofesnamens in einer Bauerschaft aus diesem Nebenerwerb ein neuer Hausname entstehen, so verloben sich am 01.12.1704 Johan Haeke aus Sickingmühle seine künftigen Frau "Mechelt Steinhäwers" von Marl.

Orts- und Flurnamen

Das Vorkommen und die Nutzung von Raseneisenstein waren – ähnlich wie beim Eisenerz – direkt namensgebend für manche Orte und Flurbezeichnungen insbesondere mit dem Namensbestandteil „Isen“- oder „Eisen“- in Deutschland unter anderem für Eisenstein (Dotzlar) , Isenstedt, Isenbruch (Heinsberg), Isengraben (Erkelenz), Isernhagen (Burgwedel) oder Rothenstein bei Königsberg und Jerrishoe (dänisch jeru = Eisen) bei Flensburg.

Raseneisensteingruben 1895

Eisensteingruben 1895

Literatur

Literatur

  • Döbling, H.: "Raseneisenerz für die Sterkrader Hütten". in: Heimatkalender Kreis Dinslaken, Jg. 25, Dinslaken: 1968, S. 80-87
  • Wolfgang Koschke: Raseneisenerz und Eisenhüttenindustrie in der nördlichen Oberlausitz. Freundeskreis Stadt- und Parkmuseum. Bad Muskau. 2002. 40 S.
  • Armin Graupner: Raseneisenstein in Niedersachsen. Entstehung, Vorkommen, Zusammensetzung und Verwendung. Forschungen zur niedersächsischen Landeskunde 118. Göttingen. 1982. 180 S.
  • Michael Ganzelewski: Die frühe Verhüttung von Raseneisenerzen am Kammberg bei Joldelund (Schleswig-Holstein). (Dissertation) Bochum. 1998. 120 S.
  • Udo Scheer: Raseneisenerz als Rohstoff. In: Detlef Hopp, Charlotte Trümpler (Hg.): Die frühe römische Kaiserzeit im Ruhrgebiet. (S. 121-127) Klartext-Verlag. Essen. 2001. ISBN 3898610691
  • Franz Joachim Ernst: Die vorgeschichtliche Eisenerzeugung. Mitteilungen des Bezirksfachausschusses für Ur- und Frühgeschichte Neubrandenburg. Heft 14. Deutscher Kulturbund. Neubrandenburg. 1966. 93 S. (darin: Karte und Katalog der Raseneisenerz-Vorkommen in Mecklenburg Vorpommern)
  • MLUR, Referat Bodenschutz: Gley mit Raseneisenerde. (pdf, 7,2 MB) Steckbriefe Brandenburger Böden, Nr. 9.5. Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung des Landes Brandenburg (Hg.). Brandenburg. 2003.
  • Frank Schlütter: DBU -Projekt Raseneisenstein: Untersuchungsergebnisse der MPA Bremen. Berichtszeitraum 1998-99. (pdf, 3,7 MB) Freie Hansestadt Bremen, Amtliche Materialprüfungsanstalt. 2000.
  • R. Hillenkamp: Raseneisenerz: ein vergessener Bodenschatz auch in unserer Region. In: Heimatbuch für den Landkreis Teltow-Fläming, Bd. 13, Berlin: 2006, S. 34-37

Weblinks