Platjenwerbe Nr. 7

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Hierarchie Regional > Bundesrepublik Deutschland > Niedersachsen > Landkreis Osterholz > Platjenwerbe

1930
1875 Ur-Kataster Ausschnitt




Einleitung

Platjenwerbe Nr. 7, Hof in Platjenwerbe, jetzt Gemeinde Ritterhude, Kreis Osterholz, Niedersachsen.
Adresse: Lindenstraße Nr. 17. Lage auf der Höfekarte anzeigen.


Geschichte des Hofes

Neubau oder Vergrößerung eines bereits bestehenden Hauses

Türbalken Ausschnitt s-w.jpg


Der Stirnbalken des Hauses trägt die folgende Inschrift:

"Gott wolle gnädig dieses Haus erhalten, Und Liebe, Fried, und Freude darin lassen walten"
"Junggeselle Johann Eckhoff, Bauherr. Septbr, 18. 1833 - Mstr. H. K."


Allgemein:

In einer Beschreibung der Gebäude von Platjenwerbe ist vermerkt:

1826 Witwe Berend Eckhoff – Wohnhaus 36x32 Fuß
1835 Johann Eckhoff – Wohnhaus 40x36 Fuß, Anbau 28x20 Fuß
1874 Philipp Ernst Wahrmann – Wohnhaus 16,0x10,4 m, Anbau 8,1x5,8 m

(Ritterschaftliches Archiv – Stade, Akten Nr. 508 (8))

Der Seefahrer Johann Eckhoff war im Stande eines Matrosen und hatte Reisen auf verschiedenen Segelschiffen in die Neue Welt und in die Karibik unternommen, als er – laut Inschrift auf dem Hausbalken als Junggeselle – das Haus erbaute und die Stelle von den Meierpflichten gegenüber der Gutsherrschaft in Schönebeck ablöste. Ein Jahr später war dann Hochzeit. Schon früh, wahrscheinlich gleich nach der Konfirmation, hatte er das Elternhaus auf der Stelle Platjenwerbe Nr. 7 verlassen, um gleich vielen aus der Nachbarschaft zur See zu fahren. Sein seemännischer Werdegang ist dokumentiert mit den Heuerlisten aus dem Bremer Staatsarchiv und zeigt uns die zahlreichen Reisen als Matrose, Koch und Segelmacher unter der Führung vieler Kapitäne auf den diversen Schiffen nach Amerika und Kuba auf. 1849 verstarb Johann Eckhoff im September an Bord eines Schiffes auf der Reise von Savannah nach Buenos Aires. Die Nachricht von seinem Tode erreichte erst ein Jahr später die Familie.
Der einzige Sohn Bernhard ging wie der Vater früh zur See. Er verstarb 18-jährig 1859 im Stande eines Leichtmatrosen an Gelbfieber im Hospital in Rio de Janeiro.

Die Hofstelle erhielt die einzige erwachsene Tochter, nach mindestens vier Generationen Eckhoff wechselte der Name im Haus. Die Witwe bleibt als Altenteilerin auf der Stelle.



Chronik


1789 (Tobacks-Accise für das Dorf Platjenwerbe): 48. Johann Eckhof


1812 (Meiervertragsabgleich): Abgleich und Erneuerung eines bestehenden Meiervertrages wegen Wechsels der Gutsherrschaft. Vorgeladen der Guthsmeier Berend Eckhoff, zu Platjenwerbe Nro 25.
Meiergefälle:

Erstens an Zins einen Thaler dreyßig Grote.
2) sechs Handdiensttage in corpore zu leisten oder dafür sechs und dreyßig Groten.
3) ein Rauchhun in natura zu liefern oder wenn solches nicht gefordert werde, sechs Groten.
4) für Vergrößerung des Hauses neun Grote.
5) für einen Farhof achtzehn Grote
sechstens noch für Vergrößerungen drey Grote

überhaupt in Cassen-Münze zwey Reichsthaler dreyßig Grote

Die in Person erschienene Witwe hat die Richtigkeit der guthsherrlichen Angabe und die Verpflichtung zur jährlichen Leistung der vorbenannten Gefälle anerkannt. Nach der Angabe der genannten Witwe gehört zu deren innehabenden Meyer-Stelle,

der Hausplatz und der dahinter belegene Garten, ohngefähr anderthalb Vierthel Einsaat groß, westlich mit Johann Harm Haßhagen Kamp und östlich mit der gemenschaftlichen Heide benachbahrd,

vorgelesen, genehmigt, unterschrieben


1820-1846 (Verzeichnis der Gemeinheitsberechtigten Eingessenen der Dorfschaft Platjenwerbe):
Unter der Ordnungs-Nr. 31 wird Behrend, jetzt Johann Eckhof, abgelöset, aufgeführt. In einer weiteren späteren Aufstellung von Interessenten am Teilungsprozeß finden wir unter der Ordnungs-Nr. 31 Behrend Eckhofs Witwe.
In den Abfindungstabellen ist vermerkt, was jeder Interessent wirklich aus der Gemeinheitsteilung erhalten hat. Unter der Ordnungsnummer 31 sind für Behrend Eckhofs Witwe, jetzt Johann Eckhof, für dessen Schullenstich die folgenden Parzellen mit Charten-Nr. vergeben:

1. Der Anschuß an der Hofstelle - 012
2. Auf der Platjenwerber Heide - 022
3. Im sogenannten Holze am großen Glindberge und der Brennhorst - 128
4. In dem Brande - 162
5. Südwestlich vom kleinen Ostermoore - 208

1833 (Liste der Seelenzahl und der Wohngebäude in der Commune Platjenwerbe am 1ten Juli 1833):
22. J. Eckhoff, 1 Wohngebäude, 1 männliche Seele und

J. Monsees, 1 männliche und 3 weibliche = 4 Seelen (davon 1 Ehepaar)

Staatsarchiv Stade, Rep 74 Blumenthal Nr. 260


1839 (Liste der Seelenzahl und der Wohngebäude in der Dorfschaft Platjenwerbe am 1ten Juli 1839 auf der Bauerstelle daselbst, durch den Bauermeister Diedrich Brummerhop):
23. Johann Eckhoff, 1 Wohngebäude, 6 männliche und 3 weibliche = 4 Seelen (davon 1 Ehepaar) und

Johann Monsees, 2 männliche und 3 weibliche = 5 Seelen (davon 1 Ehepaar)

Staatsarchiv Stade, Rep 74 Blumenthal Nr. 260


1842 (Liste der Seelenzahl und der Wohngebäude in der Comüne Platjenwerbe am 1ten Juli 1842):
23. Johann Eckhoff, 1 Wohngebäude, 2 männliche und 2 weibliche = 4 Seelen (davon 1 Ehepaar) und

Johann Monsees, 1 männliche und 4 weibliche Seelen = 5 Seelen (davon 1 Ehepaar).

Staatsarchiv Stade, Rep 74 Blumenthal Nr. 260


1852 (Urliste der Einwohner und Wohngebäude in Platjenwerbe Nr. 26 vom 3. Dezember 1852, aufgenommen von Baumeister Hermann Kühlken aus Platjenwerbe):
Besitz = 2 Häuser)

Witwe Metta Eckhoff (42), Tochter Anna (17), Sohn Bernhard (11) und die „Nähterin“ Margreta Muhnels (22) und Tagelöhner Johann Monnsees (53), Ehefrau Gesche (Margrete, geb. Eckhoff) (51), Berhardiene Meier, dessen uneheliches Tochter Kind (1).


1864 (Urliste der Einwohner und Wohngebäude in Platjenwerbe Nr. 7 vom 3. Dezember 1864, aufgenommen von dem Vorsteher Hinrich Seiden aus Platjenwerbe):

Tagelöhner Ernst Wahrmann (32), Tochter Mätthe Wahrmann (1), Altenteilerin Mätthe Eckhoff (56).
Weiterhin werden für die Stelle aufgeführt: Seefahrer Hinrich Hoffmeier (36), Ehefrau Catharina (31) sowie die Tagelöhnerin Gesche Monses (62), Rieke Monses (8), uneheliches Kind und Behrend Eckhoff (6), uneheliches Kind.


1874/75 (Grundsteuer): Bei der Grundsteuerveranlagung in den Gemarkungsakten zum Ur-Kataster von Platjenwerbe für Platjenwerbe Nr. 7 sind dem Kaufmann Ernst Wahrmann folgende Flächen zugewiesen:
Blatt 2 Parzellen 90, 91, 92, 93, 102, 103.


1928 (Verkauf): Die Hofstelle wurde am 1. Dezember 1928 von Diedrich Banehr erworben. Hinweis in einem Schreiben vom 22.06.1961 an den Landkreis Osterholz-Scharmbeck (AZ GZ 461/61) in den Unterlagen von Lüder Niebank.

Banehrs wohnten vor der Umsiedlung nach Platjenwerbe in der Kellerstraße in Burgdamm. Sie waren mit Dr. Goldberg befreundet. So fuhr die ältere Tochter Liselotte Anfang der 20-er Jahre oft mit dem Doktor im Einspänner über Land. (Tochter von Liselotte Schroeder-Banehr)

Bei Banehrs haben Junglehrer zur Untermiete gewohnt, so Lehrer Winter. (L. Niebank)


1946 Umbau des Hauses.




Geschlechterfolge

Eckhoff-Müller

Henrich Eckhoff
* 1713 Platjenwerbe
† 1766 Platjenwerbe

Ab 1739 Wohnort Platjenwerbe


oo 1733 Lesum


Ann Müller
* 1702 Leuchtenburg
† 1764 Platjenwerbe



Eckhoff-Raschen

Johann Eckhoff
* 1739 Platjenwerbe

Köthner in Platjenwerbe


oo 1766 Lesum


Anne Lisabeth Raschen
* 1743 Schönebeck



Eckhoff-Mesterharm-Arfmann

Berend Eckhoff
* 1768 Platjenwerbe
† 1808 Platjenwerbe

Köthner in Platjenwerbe


oo 1799 Lesum I. Ehe


Gesche Margreta Mesterharm
* 1772 Hasenbühren
† 1801 Platjenwerbe

Es werden keine Kinder geboren


oo 1802 Lesum II. Ehe


Anne Arfmann
* 1776 Stubben
† 1828 Platjenwerbe



Eckhoff-Bellmer

Johann Eckhoff
* 1806 Platjenwerbe
† 1849 auf See - Reise von Savannah nach Buenos Aires

Köthner und Seefahrer - errichtet 1833 als Junggeselle das Haus und löst die Stelle ab.
Sohn Bernhard stirbt als Seefahrer 18-jährig 1841 in Rio de Janeiro an Gelbfieber


oo 1834 Lesum


Metta Bellmer
* 1808 Schönebeck
† nach 1864

Wird 1852 als Witwe in der Ur-Liste der Einwohner geführt und 1864 als Altenteilerin auf der Stelle



Eckhoff-Ahrens/Wahrmann-Ehlers

Anna Eckhoff
* 1835 Platjenwerbe
† 1864 Platjenwerbe

Köthner in Platjenwerbe


oo 1862 im Hause Eckhoff


Philipp Ernst Ahrens genannt Wahrmann
* 1832 Hannover
† 1889

Kaufmann und Vorsteher der Dorfschaft
Wohnort Platjenwerbe - Bäcker und Krämer in Burgdamm


oo 1866 im Hause Ehlers II. Ehe


Anna Ehlers
* 1844 Platjenwerbe

Tochter von Johann Hinrich Ehlers und Anna Hedwig Horstmann aus Platjenwerbe Nr. 6



Wahrmann-Schmidt-Behrens

Meta Wahrmann
* 1864 Platjenwerbe
† 1922


oo 1890 Lesum I. Ehe


Conrad Schmidt
*
† 1893 Platjenwerbe

Die Ehe bleibt kinderlos


oo 1894 Lesum II. Ehe


Diedrich Hinrich Behrens
* 1850 Wührden, Kirchspiel St. Jürgen

Landwirt in Platjenwerbe (Adreßbuch 1904, 1909)



Blendermann-N.N.

Diedrich Blendermann

Stellebesitzer - wohnt aber nicht am Ort


oo


Meta N.N.

Verkauft als Witwe Blendermann 1928 die Stelle



Banehr-Früchtenicht

Diedrich und Ella Banehr um 1910

Diedrich Banehr
* 1890 Hofstall
† 1940

Eisenbahner - kauft 1928 die Stelle, nachdem die Familie dort schon einige Zeit vorher gewohnt hat


oo 1913 Bremen


Ella Catharine Früchtenicht
* 1889 Fallingbostel
† 1940 Lesum

Zwei Töchter - Liselotte (*1913) und Ella Margarete Mariechen (*1916) werden geboren.
Ella stirbt 1944 als Euthanasieopfer in Irsee, Details weiter unten unter "Ergänzende Angaben".



Banehr-Schroeder

1979


Liselotte Banehr
* 1913 Bremen
† 2007

Modistin, Schneiderin


oo


Hugo Wilhelm Schroeder

Kaufmann



Ergänzende Angaben

Ella Banehr um 1918


Ella Margarete Mariechen Banehr

Ella Banehr wurde am 14. Mai 1916 in Burgdamm in der Kellerstraße als Tochter des Bahnarbeiters Diedrich Banehr und seiner Ehefrau Ella Catharine geb. Früchtenicht geboren. Sie war das zweite Kind, ihre ältere Schwester Lieselotte Ella wurde am 2. Juli 1913 in Bremen geboren.
Im Laufe der Jahre stellte sich heraus, dass Ella sich nicht normal entwickelte und behindert war, sie besuchte auch nur ein Vierteljahr die Volksschule in Platjenwerbe, wohin die Familie zwischenzeitlich gezogen war. Am 20.08.1940 verstirbt der Vater, vier Wochen später, am 23.09.1940 versucht die Mutter sich mit ihrer Tochter das Leben zu nehmen. Die Mutter ertrinkt in der Lesum, die Tochter kann sich retten oder wird gerettet. Als Vormund für Ella wird der Bäckermeister Arnold Bruns in Platjenwerbe eingesetzt.
Ende des Jahres 1940 wird das Staatliche Gesundheitsamt des Landkreises Osterholz eingeschaltet und am 9.12.1940 ein Gutachten durch den Amtsarzt erstellt. Darin werden die Symptome aufgeführt und zusammenfassend ein Schwachsinn erheblichen Grades festgestellt. Es wird auf eine Gefahr für das 6 Monate alte Kind der Schwester, die zwischenzeitlich geheiratet hatte, hingewiesen und eine Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt für unbedingt notwendig erachtet.
Am 27.03.1941 wird Ella in den Rotenburger Anstalten der Inneren Mission unter der lfd. Nr. 4357 aufgenommen, ihr allgemeiner Zustand und ihr psychisches Verhalten werden diagnostiziert. Die Kosten für ihren Aufenthalt bestreitet die Familie zum Teil durch den Verkauf von Einrichtungsgegenständen.
Am 4.10.1941 werden die Rotenburger Anstalten aufgelöst und es erfolgt ihre Verlegung in die Heil- und Pflegeanstalt in Günzburg. Im Mai 1942 wird von dort der körperliche Zustand als gut beschrieben, Ella hat sich eingelebt, neigt aber durch ihr „widerstrebendes, gewalttätiges Wesen zu störendem Verhalten“
Am 16.11.1943 wird Ella in die Heil- und Pflegeanstalt in Kaufbeuren eingeliefert und bereits am 03.12.1943 erfolgt die Verlegung nach Irsee mit einer kurzen Bewertung. Am 02.05.1944 wird ein knappes Krankheitsbild erstellt – fortschreitende Tuberkulose, Abmagerung, versagende Herzkraft. Um 9 Uhr exitus. Im Leichenschauschein wird „Tuberculose der Lungen und des Darms“ diagnostiziert und die Freigabe zur Beerdigung ab dem 04.05.1944 von Dr. Faltlhauser festgelegt. Ella Banehr wurde auf dem erst im April 1944 neu angelegten „Euthanasie“-Friedhof (Abteilung I, Grab Nr. 23) hinter der Klosterkirche bestattet.
Der Name „Ella Banher“ taucht aber auch in den Opferlisten auf, deren Tötung der „Krankenschwester“ Pauline Kneißler zur Last gelegt wurden (Der Augsburger Strafprozess, Seite 210). In den Heil- und Pflegeanstalten wurden die Patienten nach dem „Hunger-Erlass“ des Bayerischen Innenministeriums vom 30.11.1942 durch sogenannte Schmal- oder Entzugskost, aber auch mit Tabletten und Injektionen ermordet. Entsprechend einer Zeugenaussage der Pauline Kneißler wurden die Patienten in Irsee mit Luminal oder Veronal, vereinzelt auch Trional in Tablettenform sowie Luminal und Morphium-Skopolamin getötet, Zahl und Stärke der Dosen waren ihr überlassen, die erforderlichen Medikamente bekam sie von Dr. Faltlhauser. Pauline Kneißler wird verhaftet und vor Gericht gestellt, kommt aber mit einer geringen Strafe davon. In den Irsee angeschlossenen Tötungsanstalten in Grafeneck und Hartheim wurden unter dem ärztlichen Direktor Dr. Faltlhauser in den Jahren 1940 und 1941 400 Menschen ermordet, in Irsee bis Kriegsende weitere 800 Menschen.

Quellen:
Dr. Diet­mar Schul­ze „Auch der ‚Gna­den­tod‘ ist Mord“ Der Augs­bur­ger Straf­pro­zess über die NS-„Eu­tha­na­sie“-Ver­bre­chen in Kauf­beu­ren und Ir­see“, Ir­see 2019
Uwe Ka­mins­ky, Über Le­ben in der christ­li­chen Ko­lo­nie – Das Dia­ko­nis­sen-Mut­ter­haus, die Ro­ten­bur­ger An­stal­ten der In­ne­ren Mis­si­on und die Rol­le der Vor­ste­her 1905-1955, Bre­men 2016



Internetlinks

Offizielle Internetseiten

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