Ludwig Carl Wilhelm von Baumbach-Kirchheim – Erinnerungen aus dem Leben eines hochbetagten Mannes (1799 – 1883)/24

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Ludwig Carl Wilhelm von Baumbach-Kirchheim – Erinnerungen aus dem Leben eines hochbetagten Mannes (1799 – 1883)
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Erinnerungen Baumbach Kirchheim.djvu
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Abwesenheit zu Kassel meiner armen Frau in hellen Haufen vor das Haus, um von ihr solches Aufgeben zu verlangen, ohne daß die Bewohner Kirchheims solche Zuzüge verhinderten. Das Wild wurde allenthalben niedergeschossen, und aus dem Hause gegenüber gelegenen Weihrain erschallte all abendlich ein Pelotonfeuer. Dadurch war mein Gemüt erbittert worden, es dünkte mir unmöglich, ferner unter solchen Menschen wohnen zu können, und so kam mein Entschluß der Auswanderung zur Ausführung. Anfangs März reiste ich nach Kirchheim, um von Hermann Abschied zu nehmen und meine Adininistrationsrechnungen zum letzten Abschluß zu bringen. Nachdem der schmerzliche Abschied von Hermann in Frielingen vorüber war, machte ich meinem geliebten Wald den letzten Besuch. Ich ging den Kittelberg hinauf und überschaute von der Trift zwischen Haselkopf und Dorndelle die Reviere vom Aulsrück und Erzenberg, wo ich meine letzten Nadelholzkulturen angeordnet hatte. Von tiefem Trennungsschmerz ergriffen warf ich mich laut weinend zu Boden.

Meine guten Brüder gewährten mir, nachdem mein Entschluß einmal unwiderruflich feststand, in gewohnter großmütiger Weise die Mittel zur Auswanderung. Durch das Lehenablösungsgesetz war für die Familie ein Lehnkapital von 36.000 Talern dem Staate gegenüber flüssig geworden, die Hälfte davon fiel mit 18.000 Talern der Kirchheimer Linie zu, und diesen Betrag traten die Brüder an mich ab, welchen ich in Ver. Staaten-Obligationen umsetzte und mitnahm. Die direkten Reisekosten für mich und meinen Sohn Ernst, welcher mich begleitete, lieferten Ersparnisse. So schifften wir uns denn in der zweiten Hälfte März 1849 auf dem Ver. St. Dampfboot Hermann – dem einzigsten damals mit einem zweiten Boot zwischen Bremen und New York laufenden – ein und landeten nach einer glücklichen Reise zu New York, wo ich den damaligen Hessischen Konsul Faber meine Staatspapiere und noch einige Wechsel übergab und sofort die Weiterreise nach Ohio, versehen mit Briefen von Faber, an dessen dort als Farmer am Eriesee lebenden Bruder Carl und an einen zweiten Bruder Theodor, angeblich in der Nähe von Elyria wohnend, antrat. Denn, mich dort niederzulassen, hatte ich beschlossen auf Rat und Beistand der Brüder Faber hoffend. Mitten auf dem schönen Eriesee, auf welchem wir in einem prächtigen Dampfer unsere Weiterreise von Buffalo nach Cleveland/Ohio fortsetzten, gratulierte mir Ernst am 22. April 1849 zu meinem 50. Geburtstag. Von Cleveland reisten wir alsbald weiter nach dem benachbarten Städtchen Elyria, wo ich Th. Faber finden sollte. Aus Unbekanntschaft mit der englischen Sprache vermochte ich denselben nicht zu ermitteln, und wurde nach Carl Faber's Farm verwiesen. Wir fanden denselben gerade im Bau eines neuen Steinhauses begriffen, anstatt eines sogenannten kleinen Frame = hölzernen Hauses, wo uns Faber aufnahm und wir auf dem Boden unter herabhängenden Schafschinken unsere erste Nacht zubrachten. Des anderen Tages fuhr Faber mit mir nach Elyria zurück und fand ich dort freundliche Aufnahme in dem Hause von Theodor Faber gegen wöchentlich zu zahlende Miete und Beköstigung. Von dem Wunsche beseelt, recht bald wieder mit meiner in Kassel zurückgebliebenen Familie vereinigt zu sein, ersuchte ich Th. Faber, mir zum Erwerb einer Farm behilflich zu sein, da ich damals nur in Betrieb von Landwirtschaft ein Mittel zum Unterhalt erblickte, obgleich ich davon nichts verstand. Damals erfuhr ich auch das demütigende und niederdrückende Gefühl der Hilflosigkeit, gleich wie wohl die meisten, zumal den gebildeten Ständen angehörigen Einwanderer,