Ludwig Carl Wilhelm von Baumbach-Kirchheim – Erinnerungen aus dem Leben eines hochbetagten Mannes (1799 – 1883)/21

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Ludwig Carl Wilhelm von Baumbach-Kirchheim – Erinnerungen aus dem Leben eines hochbetagten Mannes (1799 – 1883)
Orts- und Namenregister  |  Glossar
GenWiki E-Book
<<<Vorherige Seite
[20]
Nächste Seite>>>
[22]
Erinnerungen Baumbach Kirchheim.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: fertig
Dieser Text wurde zweimal anhand der angegebenen Quelle korrekturgelesen.


Anklage beschloß. Ich wurde von dem Ausschuß als Referent dieser Angelegenheit bestellt, da die in denselben gewählten Juristen, aus Furcht, ihre Staatsstelle zu verlieren, zu feige waren, um das Referat zu übernehmen, und öffentlich vorzutragen, welches für sie, da hauptsächlich juristische Fragen in Betracht kamen, weit passender als für mich, einen völligen Laien in der Jurisprudenz war. Ich erklärte dies zwar im Ausschuß, mich jedoch bereit erklärend, das Referat zu übernehmen und, so gut ich vermöge, in öffentlicher Sitzung zu vertreten, sollte der Ausschuß auf seinem Beschlusse, mir das Referat zu übertragen, beharren, obgleich ein jeder einsehen müsse, daß man mich nur vorschiebe, um sich selbst zu decken. Der Ausschuß beharrte auf seinem Entschlusse. Mehrere Male zeigte der Kurfürst seinen Haß mir direkt gegenüber, so durch wahrhaft maliziöse Fragen vom bösesten Herzen Zeugnis gebend, so: "Nicht wahr, Sie haben Ihren Bruder geschossen? – "Nicht wahr, Sie haben fünf Söhne?", am empfindlichsten aber durch die wahrhaft niederträchtige Zurückweisung jeden Vorschlags zu dem durch Befähigung und Dienstalter vollkommen verdienten Avancement meines Bruders Hermann, da er wußte, daß er mich dadurch am tiefsten kränke. Aber auch noch in direkterer Weise betätigte der Kurfürst seinen persönlichen Haß gegen mich. Den Stiften Kaufungen und Wetter standen drei von je überlebenden Obervorstehern gewählte Obervorsteher vor. Vor Erlaß der Verfassung erließ der damalige Kurfürst durchaus eigenmächtig eine Verfügung, daß ein Teil der Stiftseinkünfte den Töchtern gewisser Ordensritter zufallen sollte, und aus der Zahl derselben bestellte er bei der nächst eintretenden Vakanz einen Obervorsteher, die Ritterschaft daher nur noch zwei. Die Verfassung beseitigte diese Ungerechtigkeit, und durch Übereinkunft mit der Regierung wurde bestimmt, daß bei Eintreten der Vakanz diese durch gemeinschaftliche Wahl der überlebenden Obervorsteher und der Ständedeputierten besetzt werden sollte. Nun bestand eine Vakanz bei Rücktritt des aus der Zahl der Ordensritter bestellte Obervorstehers, und das Wahlkollegium trat zu dessen Besetzung zusammen. Ich habe schon einige Zeit als Ständedeputierter die Stelle als Obervorsteher versehen und bei der Wahl kam ich nebst dem Kaminer Herrn von Eschwege in Betracht. Dieser hatte zwar ein paar warme Fürsprecher im Kolleg, hatte aber verstanden, sich im allgemeinen so verhaßt zu machen, daß die Wahl mit großer Majorität auf mich fiel. Diese wurde dem Kurfürsten zur Bestätigung vorgelegt, quasi nur pro forma, da ihm ein wirkliches Recht zur Verwerfung gar nicht zustand. Jedoch wußte er mit Beihilfe Hassenpflugs einen Vorwand dafür zu finden, verwarf die Wahl und bestellte völlig eigenmächtig Eschwege als Obervorsteher, dem sich die Ritterschaft auch schließlich fügte, um nicht den eben erlangten Vertrag in Gefahr zu bringen.

Bei den Wahlen zur Ständeversammlung 1846 gelang es den Machinationen der Regierung, die Wiederwahl bisheriger freisinniger Abgeordneten zu hintertreiben, darunter auch die meinige. Jedoch nach Ausbruch der Französischen Revolution 1848 gab sich die Regierung – respektive – das neu bestellte Ministerium selbst große Mühe, jene Abgeordnete wieder in die Kammer zu bringen, ohne genötigt zu sein, zur ihrer Auflösung zu schreibt[GWR 1], befürchtend, die Wahlen möchten bei der damaligen Stimmung im revolutionären Sinne ausfallen. So wurde der Landgraf von Barchfeld veranlaßt, mich zu seinem Vertreter in der Kammer zu bestellen und trat ich als solcher Anfang April 1848 an. Mein lieber Freund und Vetter Obervorsteher von Trott war Präsident



Anmerkungen der GenWiki-Redaktion (GWR)

  1. Vermutlich ein Abschreibfehler, „zu schreiten“ wäre treffender.