Ludwig Carl Wilhelm von Baumbach-Kirchheim – Erinnerungen aus dem Leben eines hochbetagten Mannes (1799 – 1883)/16

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Ludwig Carl Wilhelm von Baumbach-Kirchheim – Erinnerungen aus dem Leben eines hochbetagten Mannes (1799 – 1883)
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meine geringste Strafe sein. Aber schon des anderen Tages wurde ich aus dem Arrest entlassen und bei dem befohlenen Abmelden beim Kurfürsten hielt mir dieser zwar eine kleine Rede über die mögliche Gefährlichkeit, als ich aber nach Entlassung im Begriff war, die Tür des Zimmers zu öffnen, kam er hinter mir her und sagte, mir auf die Schulter klopfend: "Nun machen Sie sich keine Sorgen mehr, alles ist vergessen!". Gewiß ein Beweis, daß der Mann ein Herz hatte, obgleich er sich nicht selten in einem an Verrücktheit grenzenden Zustand befand. In der Tat trug mir der Kurfürst diesen Vorfall nie nach, zeigte sich vielmehr gnädig gegen mich, welches wohl ganz anders bei seinem Sohn und Nachfolger gewesen sein dürfte, welcher in der Tat kein Herz im Busen trug.

Mittlerweile wurde mir der schale unnütze Garnisonsdienst mehr und mehr zum Ekel, je mehr sich mein Verstand entwickelte und ich hierüber zu einer klaren Einsicht kam. Besonders übten großen Einfluß die so durchaus schmutzigen Torwachen aus, welche 24 Stunden ein Offizier mit Mannschaft beziehen mußte. Die tödlichste Langeweile waltete daselbst vor, welche nur durch Lesen eines schlechten Romans zu töten war, da die ernstlichen Studien, der Schmutz und schlechte Atmosphäre sowie die Unterbrechung durch Herausrufen hinderte. Aber auch der sonstige Dienst war geisttötend, nur auf Parade, nicht auf Felddienst gerichtet. Um so lieber folgte ich der Aufforderung meines guten Vaters und Onkels Ernst, ersteren bei Verwaltung der Güter zu unterstützen, und kam meinen Abschied um 1823 ein, wobei mir anfänglich Schwierigkeiten gemacht wurden, welchen mir aber endlich das Wohlwollen des Kurfürsten mit dem Charakter als Hauptmann erteilte.

Ich kam dadurch allerdings an einen für mich fremden Wirkungskreis, jedoch gelang es mir bald, mir nach und nach entsprechende Kenntnisse, besonders bezüglich der Forstwirtschaft zu verschaffen, da ich schon von Kindheit an mit großer Liebe an dem schönen grünen Wald hing. Sehr viel verdanke ich dabei den Lehren des guten Onkels Ernst, einem trefflichen Forstwirt, sowie dessen Vetter Fritz; nicht minder aber der Erfahrungen des damaligen Försters Pilgram zu Frielingen, einem tüchtigen Forstmann, den nur Trägheit, besonders am Schreibtisch, vorzuwerfen war. So erwarb ich mir bald praktische Erfahrung, verbunden mit dem Studium guter forstlicher Werke. Mir darf ich zum großen Teil des Verdienst zurechnen, aus der herrlichen Buchmast 1822, die, begünstigt durch das milde Frühjahr 1823 trefflich aufkeimen konnte die schönen Buchenbestände, welche jetzt die Frielinger Höhen zieren, herangezogen zu haben, welche in noch weit besserem Stand jetzt sein würden, wären nicht leider rechtzeitige Durchforstungen versäumt worden, wovon ich mich bei einem Besuch des alten Vaterlandes 1872 überzeugte. Nicht minder nahm ich mich der Nadelholzkultur in den meisten der übrigen Bestände an, wodurch diese einzig und allein als Wald erhalten werden konnten. Diese Kulturen wurden größtenteils durch Einsaat und Pflanzung der Kiefer bewirkt, begünstigt durch den damaligen niedrigen Preis des Kiefernsamens, welcher jetzt sehr hoch steht, wofür ich den Grund eigentlich nicht zu begreifen vermag. Lage und Bodenverhältnisse, besonders aber die übertriebenen Abgaben der Heide als Streu, noch mehr durch Frevel, ließen einzig und allein diese sehr genügsamen Nadelhölzer, daneben zeitige Nutzung versprechend, auch als Kulturmittel für jene devastierten