Ludwig Carl Wilhelm von Baumbach-Kirchheim – Erinnerungen aus dem Leben eines hochbetagten Mannes (1799 – 1883)/15

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Ludwig Carl Wilhelm von Baumbach-Kirchheim – Erinnerungen aus dem Leben eines hochbetagten Mannes (1799 – 1883)
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Garderegiment neu zu kleiden und zu diesem Zweck eine Werkstätte von 200 Schneidern errichtet. Mir wurde die spezielle Aufsicht darüber übertragen, und durch große Anstrengungen bei Tag und Nacht gelang es mir auch, das Werk bis zum angesetzten Termin zur Zufriedenheit zu beenden, wofür mich ein 2-monatlicher Urlaub mit voller Gage belohnte.

Im folgenden Jahr erschien die damals viel besprochenen Drohbriefe an den Kurfürsten, worüber meines Wissens vollständige Aufklärung nie stattfand, wahrscheinlich wurden dieselben von dem damaligen Polizeidirektor von Manger veranlaßt, um sich unentbehrlich zu machen. Der Kurfürst hielt sich größtenteils in Wilhelmshöhe auf, und ein starkes Detachement der Leib und abwechselnd der Jägergarde versah den dortigen Wachdienst. Nachts war eine starke Postenkette um das Palais und die Gänge darunter gezogen und die Posten mit scharf geladenen Gewehren und der Order versehen, auf jeden Verdächtigen sofort Feuer zu geben. Des Nachts hatte der Offizier die Postenkette mehrmals zu inspizieren, und ich erinnerte mich noch deutlich der regen Besorgnis, bei dieser Gelegenheit in den unterirdischen Gängen von einem überdiensteifrigen Posten über den Haufen geschossen zu werden.

Aus dieser Zeit muß ich auch eines mich betreffenden eigentümlichen Vorfalls gedenken. Zum Wachlokal war ein unfern des großen Bassins gelegene in westfälischer Zeit leicht erbauter hölzerner Pavillon bestimmt worden mit zwei Abteilungen, eine für Offiziere, die andere für Mannschaften, in beiden befanden sich Kamine. Ich hatte anfangs Mai 1822 die Wache an einem kalten Tag und noch kälterer Nacht. Bei Beginn der letzteren machten die Leute in ihrem Lokal Feuer an mit Spänen, welche bei dem Bau eines benachbarten Orangeriegebäudes anfielen, wozu schon früher Erlaubnis gegeben war. Plötzlich, gegen 11:00 Uhr kam ein Unteroffizier in mein Zimmer gestürzt mit dem Ausruf "Herr Leutnant, die Wache brennt!" Ich stürzte augenblicklich heraus in die Stube der Leute, fand aber in dem Kamm keine Spur von Feuer mehr, dagegen dasselbe am Dachsims leckend. Ich ließ alsbald eine Leiter anstellen und versuchte, das Feuer mit Wasser aus dem Bassin zu löschen, welches sich aber als vergeblich erwies, da das Gesims mit Harz befestigt war und dieses schon allenthalben brannte und so der leichte Bau nicht zu retten war ich ließ aus demselben alles Bewegliche schaffen und den Vorfall im Palais melden. Bald darauf erschien der Kurfürst auf der Brandstätte, welchem ich nicht ohne Besorgnis bei dessen bekannter Heftigkeit entgegensah. Indessen erfolgte kein Ausspruch desselben, vielleicht, weil ich meine Mannschaft unter Gewehr stehen hatte und derselben mit gezogenem Säbel vorstand. Auf Befragen erwiderte ich, die Leute hätten in ihrer Stube in Gemäßheit früher erteilter Erlaubnis Feuer angemacht, Funken aus demselben hätten den Schornstein und so das Gesims in Brand gesteckt, worauf der Kurfürst erwiderte: "Aber Sie als Wachkommandant tragen die Verantwortung", wozu ich mich alsbald bekannte. Nach erfolgter Ablösung und Rückkehr nach Kassel erhielt ich Arrest auf der Schloßwache und erfolgte eine strenge Untersuchung des Vorfalls, beiläufig bemerkt, durch ein Rindvieh von Auditeur – von Gehren –, dessen erste Frage war: "Wieviele Kamine waren im Wachlokal?", wohl um mich damit zu fangen. Alle Kameraden und der sehr aufgebrachte Kommandeur von Hessberg waren allgemein der Ansicht, einige Monate Festungsarrest würden wohl