Ludwig Carl Wilhelm von Baumbach-Kirchheim – Erinnerungen aus dem Leben eines hochbetagten Mannes (1799 – 1883)/08

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Ludwig Carl Wilhelm von Baumbach-Kirchheim – Erinnerungen aus dem Leben eines hochbetagten Mannes (1799 – 1883)
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Erinnerungen Baumbach Kirchheim.djvu
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jedoch teilweise wieder zugrunde, als 1851 die neue Reaktionsperiode, irre ich nicht unter Hassenpflug, eintrat. Der bei weitem größte Teil des Kurhessischen Beamtenstandes, sowohl im Zivil wie im Militär blieb damals der gewaltsam aufgehobenen Verfassung treu, so auch Bruder Moritz, zum Präsidenten des Obergerichtes in Marburg nach Entlassung des Märzministeriums bestellt, und nahm als solcher seinen Abschied ohne Anspruch auf Wartegeld oder Pension zu machen, wozu er voll berechtigt war. Sein allgemein bekannter fester Charakter und seine juristischen Kenntnisse gingen so dem Lande verloren. Nachdem sich Moritz so vom Staatsdienst zurückgezogen hatten, lebte er anfangs in Marburg, dann in Kassel, um den übrigen Familienmitgliedern näher zu sein. Er erlitt mehrere Schlaganfälle, welchen endlich im Jahre 1871 seine kräftige Konstitution im hohen Alter erlag. Verheiratet war derselbe zweimal, zuerst mit Luise von Schenck aus dem Hause Schweinsberg, die kinderlos starb, sodann mit deren noch lebenden Schwester Marie, in welcher Ehe eine Tochter Luise geboren wurde, die den Oberforstmeister Ernst von Baumbach aus dem Hause Nassenerfurth heiratete, welcher Familie hinterlassend zu Meiningen starb.

Von meinen Brüdern stand mir im Alter und auch als Spielgefährte Fritz zunächst, mit dein ich auch gemeinschaftliche Hauslehrer hatte, bis Fritz in die Westfälische Kriegsschule zu Braunschweig aufgenommen wurde, aus welcher derselbe 1813 zum Leutnant in einem westfälischen Husarenregiment ernannt wurde. Dieses Regiment ging in der sächsischen Kampagne zu den Preußen über ohne Fritz, welcher auf Piquet stand, zuvor einzuberufen. Derselbe kam hierauf in preußische Kriegsgefangenschaft und hatte in dieser in Berlin eine schwere Krankheit zu überstehen. Davon genesen wurde er nach Wiederherstellung des Kurfürstentums Hessen als Premierleutnant in dessen erstes Husarenregiment bestallt, aber als solcher 1814 zu den reitenden freiwilligen Jägern kommandiert. Es gelang ihm, mehrere in Gefangenschaft geratende Soldaten auf dein Transport nach der Festung Langeoog zu befreien, für welche Tat er als Erstdekorierter den Hessischen Orden vorn Eisernen Helm, einer Nachahmung des Preußischen Eisernen Kreuzes, erhielt. Nach dem Friedensschluß 1815 stockte überall das Avancement, und Fritz blieb längere Zeit Regimentsadjutant, bis er endlich zu Ende der 20er Jahre zum Rittmeister einrückte. Aber schon mit Beginn der 30er Jahre stellten sieh bei ihm die Anzeichen der Schwindsucht ein, welcher derselbe auch bald unterlag. Vermählt war Fritz mit Bertha von Stückrad, jetzt noch in Kassel lebend. Das einzige, in der Ehe geborene Kind starb bald nach der Geburt. Der Tod dieses guten Bruders ging mir sehr nahe. Im Charakter hatte derselbe große Ähnlichkeit mit unserem vortrefflichen Vater, dessen Haupteigenschaft gleichfalls unerschütterliche Redlichkeit war. In seinem Regiment genoß derselbe die höchste Achtung.

Mein dritter, mehr als vier Jahre jüngerer Bruder Ernst genoß mit Bruder Hermann, eine kurze Zeit auch noch mit mir, den Unterricht tüchtiger Hauslehrer in Kirchheim, wodurch er ebenso wie später Hermann befähigt wurde, in eine höhere Klasse des Gymnasiums in Hersfeld einzutreten. Der tüchtigste dieser Lehrer – wie wohl für Ernst nur eine kurze Zeit – war der später in Hessen so berüchtigte Vilmar, damals höchst freisinnigen Grundsätzen, auch in der Religion huldigend. So erinnere ich mir noch über seiner Zimmertür die Worte: "Der Mensch kann, was er will." gelesen zu haben. Nach