Justizkommissar

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Ein Justizkommissar ist ein Beauftragter in Rechtsangelegenheiten. „Ein Kommissar (von lat.: commissarius = „Beauftragter“) ist ein von einem Auftraggeber mit einer Angelegenheit oder Aufgabe oder per Befehl Beauftragter, in vertretungsweiser Wahrnehmung der Amtsgeschäfte“,[1]. Der Begriff wird in landesherrlichen (staatlichen) Verwaltungen seit dem Beginn der frühen Neuzeit verwendet.

Bedeutung

Krünitz[2] beschreibt die Aufgabe eines Kommissars (Commissarius, lat. - Commissair frz.), was auch für den Justizkommissar gilt:

Der Staat kann bey Absendung eines Commissarius keine andere Absichten haben, als entweder von der wahren Beschaffenheit gewisser Gegenstände völlig unterrichtet zu seyn, oder eine bereits entschiedene Sache pünktlich auszuführen, und zur Wirklichkeit bringen zu laßen. In beyden Fällen ist der Commissarius dem Staate, oder dem Regenten, oder von wem er sonst den Auftrag erhalten, allein Rede und Antwort zu geben schuldig; alle andere Subordinationen, alle übrige Betrachtungen, gehen das Object der Untersuchung nichts an. Der Commissarius muß thun, und thun können, was derjenige, so ihn gesandt hat, selbst thun würde, wenn er sich dem Geschäfte unterziehen könnte oder wollte; folglich dürfen weder die gebieterischen Erinnerungen seiner sonstigen Vorgesetzten, noch die sanften Empfehlungen des schönen Geschlechts, noch die Drohungen der Großen, noch die weisen Ermahnungen eines Gewissensraths, wenn er auch das Gewissen des Regenten selbst in der Cur hätte, einigen Eindruck auf ihn machen. Pflicht, Ehre, Gewissen und Zufriedenheit mit sich selbst, diese treue Gefährten aller rechtschaffenen Handlungen, befehlen, daß man gerade durch gehen, und sich lieber allen möglichen Verdruß und Gefahren, ja der Ungnade des Regenten selbst, aussetzen, als die Wahrheit beleidigen, oder solche verschweigen, verstecken und verstümmeln solle.

Bedeutung in Bezug auf die Rechtsentwicklung in Preußen

Wie nachstehend erläutert, bildete von 1794 bis etwa 1840 der Justizcommissar und Notar ein verbundenes Aufgabenpaar. Es war eine zusammengeschmiedete Einheit. Diese Titulierung veränderte sich um 1840 in das Paar Justizrat und Notar.

Amt und Aufgabe eines Justizkommissars in Preußen im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts wurde durch das Corpus Juris Fridericianum (CJF) vom 26 April 1781 bestimmt, in dem die Advokatur – dem Staat bzw. staatlichen Einrichtungen nicht verpflichtete Advokaten (in etwa Rechtsanwälte in heutigem Sinne) innerhalb des preußischen Rechtssystems bedeutungslos wurden, abgeschafft wurden. In Artikel VII des sog. Vorberichts zum CJF: „Die Advocaten sind aus den oben angeführten Gründen gänzlich abgeschafft.“ An die Stelle von Rechtsberatung durch Advocaten im Zivilprozesswesen wurde ein System gestellt von beamteten Assistenzräten, die die Parteien zu beraten hatten. Im Gesetz selber wird der Begriff des Kommissars weitgehend vermieden, in Erinnerung an Bestechungsvorfälle solcher in der ersten Jahrhunderthälfte. Erst im Teil III des CJF , in dem die Bestimmungen zum Dienstrecht der Justizbehörden enthalten sind, taucht der Begriff des Justizkommissars auf. Im Teil III des CJF ist enthalten, dass der Assistenzrat eine akademische Ausbildung nachzuweisen hat und ein Referendariat. Grahl formuliert unter Berufung auf CJG, III, 7, § 1.: „Die zu Assistenzräten nicht geeigneten, sonst aber ehrlichen und rechtschaffenen Advokaten wurden zu Justizkommissaren ernannt.“[3] Für Advokaten, die infolge des CJF brotlos wurden, wurde also eine mindere staatlich besoldete und kontrollierte Justizposition geschaffen. Die Geschäfte der Justizkommissare umfassten die Beratung in allen juristischen Angelegenheiten, solange sie noch nicht bei Gericht anhängig waren. Sie konnten ihre Mandanten in allen gerichtlichen und aussergerichtlichen Rechtsangelegenheiten vertreten mit Ausnahme der Prozesse. Die Justizcommissarien und Notare so ihre vollständige Bezeichnung, bildeten an den Orten der Landesjustizkollegien eigene, unter Aufsicht dieser regionalen Obergerichte stehende Kollegien. Ihre Einkünfte bestritten sie aus Gebühren, die sie für ihre Tätigkeit nach einer Taxordnung erhielten; wurden sie nur als Ratgeber tätig, durften sie die Gegenleistung frei vereinbaren.“"[4]

Weitere Entwicklung

Die Abschaffung der Advokatur und die Etablierung der Justizcommissarien und Notare im Sinne des Corpus Juris Fridericianum (CJF), der Struktur der Zivilprozeßordnung Preußens Friedrichs des Großen, war nicht von Dauer.

Weniger als zweieinhalb Jahre nach Erlaß des CJF gab man den frei gewählten Parteivertretern die prozessuale Tätigkeit fast im alten Umfang zurück. Das Circulare an sämtliche Regierungen und Ober-Landes-Justiz-Collegia, zur Erläuterung einiger Vorschriften der Prozeß-Ordnung vom 20. September 1783 bestand im Wesentlichen aus einer Neuerung des Dienstrechts der Justizkommissare und einer damit verbundenen Revision des CJF in den betroffenen Prozeßabschnitten [...].“ und „Von erheblicher umgestaltender Bedeutung waren die Vorschriften über den Geschäftsbereich der Justizkommissare [...][5].

Mit jeder weiteren Revision des CJF, insbesondere durch die Allgemeine Gerichtsordnung für die Preußischen Staaten (AGO) von 1794 änderte sich das Aufgabengebiet der Justizcommissarien und Notare in Preußen in Richtung wieder größerer Freiheiten, schwindender Bindungen an die regionalen Obergerichte und größerer Bindung an die private Person eines Rechtsuchenden.

Der Berufstitel und die Berufsdefinition eines Justizkommissars endete mit den Revisionen bzw. Entwicklungen des Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und des Strafgesetzbuches (StGB).

Quellen und Literatur

  1. Artikel Kommissar. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. (Juni 2011)
  2. Johann Georg Krünitz: Oekonomische Encyklopädie, 1773 bis 1858 (242 Bände)
  3. Christian Grahl: Die Abschaffung der Advokatur unter Friedrich dem Großen, Prozeßbetrieb und Parteibeistand im preußischen Zivilgerichtsverfahren bis zum Ende des 18. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung der Materialien zum Corpus Juris Fridericianum von 1781 , Göttingen 1994. ISBN 3-89244-060-3; hier: Seite 135 ff.
  4. a. a. O., hier: S. 135/136
  5. a. a. O.; hier: S. 163 u. 164

Weblinks