Instructionsbuch für den Infanteristen (1872)/108

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Instructionsbuch für den Infanteristen (1872)
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ergiebig benutzt werden, um dem Manne einen dreisten Anlauf und ein entschiedenes energisches Abspringen beizubringen.


      Durch alle diese gymnastischen Uebungen wollen wir, um es hier nochmals zu wiederholen, körperliche Selbständigkeit, geistige Regsamkeit und gesteigerte Willenskraft beim Soldaten erzielen, um so seine Kriegstüchtigkeit zu erhöhen. Sache des verständigen Lehrers bleibt es natürlich, die Gymnastik zweckentsprechend mit den übrigen Dienstzweigen zu verbinden und die Mannschaft an die praktische Verwerthung des Erlernten, so oft wie es die Verhältnisse gestatten, zu gewöhnen, denn erst in der

angewandten Gymnastik

wird sich die wahre körperliche und geistige Selbständigkeit des Mannes zeigen. Felddienst-Uebungen werden reichlich Gelegenheit bieten, gymnastische Uebungen im Terrain vorzunehmen; um aber schon auf dem Uebungsplatze den Mann an die in seinem militairischen Berufsleben zu überwindenden Hindernisse heranzuführen und sachgemäß zu unterrichten, ist fast in jeder Garnison eine sogenannte Hindernißbahn angelegt, auf welcher die verschiedenen Sprünge über Traversen, schmale und breite Gräben, die Stütz- und Schwing-Uebungen an Barrieren und Pallisaden, das Escaladiren an bis 14 Fuß hohen Mauern oder Gerüsten vermittels des Schulterbesteigens, des Klimmens und Kletterns an Tauen oder Stangen, sowie Tiefsprünge von hohen Mauern herab aus Langhang am rechten Arm und in tiefe Gräben, und schließlich Balancir-Uebungen auf gewöhnlichen Balken, welche über letztere gelegt sind, in möglichst zweckentsprechender Verbindung zur Anwendung kommen.

      Anmerkung. Eine Anleitung für den Betrieb der angewandten Gymnastik ist in den Stock'schen "Uebungs-Tabellen für den systematischen Betrieb der Militair-Gymnastik, 1869" enthalten.


      Obgleich in den vorstehenden Anleitungen zum Turnen so viel als möglich alle Fremdwörter und ausländischen Ausdrücke vermieden worden sind, so hat es doch wieder eine Menge Worte gegeben, die entweder beim Militär eine besondeere Bedeutung haben, oder aus anderen Sprachen angenommen worden sind, also auch erklärt werden müssen, ehe wir weiter gehen; z. B. heißt bei uns:

      Glied eine in einer geraden Linie nebeneinander aufgestellte Anzahl von Soldaten, also etwas ganz anderes, als das Wort eigentlich bedeutet. Man sagt: "Er steht in Reih' und Glied", wenn man ausdrücken will,daß der Mann überhaupt dient, also gleichlautend mit Combattant: ein Fechtender, und könnte sich füglich dabei das Wort Reihe sparen, denn es bedeutet beim Civil nichts anderes, als das Glied beim Militair. Dem bestimmten Sinne des Deutschen Wortes nach, müßten eigentlich die Rotten: Glieder und die Glieder: Reihen heißen, denn es wird ja nicht commandirt: in Glieder gesetzt, rechts um! sondern: "in Reihen gesetzt!" Da es aber nun einmal so eingeführt ist, muß es auch so lange dabei bleiben, bis es wieder abgeschafft wird. Die Infanterie steht in der Preußischen Armee, mit Ausnahme der Jäger und Schützen, in 3 Gliedern, aber in einigen Armeen auch wohl in 2 Gliedern. Das dem Commandierenden oder dem Feinde zugewandte Glied heißt das 1 ste Glied, das mittlere, das 2 te Glied und das hinterste, das 3 te Glied, welches letztere bei und für das Gefecht seine besondere Verwendung findet. Wenn die 3 Glieder so dicht hintereinander stehen, daß nur so viel Zwischenraum bleibt, um die Wendungen und Handhabungen des Gewehrs ohne Hinderung für die Vorder- und Hinterleute zu ermöglichen, so sagt man: Geschlossene Glieder. Sind sie so weit auseinander gestellt, daß man zwischen ihnen hindurchgehen kann, so sagt man Geöffnete Glieder. Die Ausbildung