Handbuch der praktischen Genealogie/056

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Handbuch der praktischen Genealogie
Inhalt
Band 2
Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI
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sind die sämtlichen Leichenpredigten, deren Zahl sich auch nicht annähernd bestimmen läßt, katalogisiert und der Katalogabteilung „Biographien" eingeordnet. In der Ratsbibliothek zu Zwickau ist der Katalog zu den über die ganze Bibliothek zerstreuten Leichenpredigten noch in der Entstehung begriffen. In der Landesbibliothek zu Kassel ist die Zahl sehr beträchtlich, aber nicht genau festgestellt. Hier finden sich bemerkenswerterweise auch nicht wenige Stücke aus dem 19. Jahrhundert; und die Bestände der dortigen Stadtbibliothek besitzen ebenfalls eine größere Anzahl solcher jüngeren Leichenpredigten. In der Stadtbibliothek zu Nürnberg befindet sich eine 697 Stück umfassende Sammlung, die der Altdorfer Professor Will angelegt hat, aber außerdem sind in anderen Abteilungen eine Menge einzelner Predigten, im ganzen wenigstens noch einmal soviel zu finden, die nicht sämtlich nürnbergischen Ursprungs sind. 1614 gab Jo. Eichhorn eine Sammlung der von M. Christophorus Neander gehaltenen Leichenreden heraus unter dem Titel: Orationum funebrium in illustri Marchiae Brandenburgicae Academia a M. Christophoro Neandro philosophiae moralis professore habitarum decades quinque ed. Jo. Eichhorn. Schließlich sei noch auf eine Sammlung von etwa 700 Stück in der Gymnasialbibliothek zu Zerbst hingewiesen, die von Professor Sickel inventarisiert ist.

      Was die Beurteilung der in den Leichenpredigten enthaltenen Personalangaben betrifft, so ist zu unterscheiden zwischen denjenigen Personen, die der Prediger persönlich kannte oder über die er doch wenigstens von Zeitgenossen Mitteilung empfing, und zwischen den Personen der vorhergehenden Generationen.

      Bisweilen läßt sich der Todestag nicht erkennen, sondern nur der Begräbnistag. Nicht ohne Interesse ist, daß nicht eben selten neben dem Trauungstage auch der Verlobungstag[1], und zwar als der wesentliche, genannt wird. Bei Auszügen ist da Sorgfalt anzuwenden, damit nicht ein falscher Tag exzerpiert wird. Was die chronologischen Angaben betrifft, so ist zu beachten, daß die Menschen der früheren Jahrhunderte die uns heute geläufige Genauigkeit bei derartigen Angaben überhaupt nicht kannten. In einer von Tille besprochenen[2] Leichenpredigt des Jahres 1650 wird als Todestag der Elisabeth Lindner „am vergangenen Dienstag früh um 8 Uhr" angegeben; der Begräbnistag, der 15. September, fiel 1650 auf einen Sonntag, mithin war der vorhergehende Dienstag der 10. September. Trotzdem lesen wir in dem lateinischen Nachruf des Rektors der Universität, der Todestag sei „Montag, der neunte laufenden Monats", gewesen, und dieselbe Angabe findet sich auf dem Titel der beigefügten Trostgedichte. An einer Stelle muß


  1. Über das Verhältnis zwischen Verlobung und Trauung nach älterem deutschen Rechte vgl. Geffcken, „Die Zivilehe im Mittelalter", in d. Halbmonatsschr. „Deutsche Stimmen" (Köln 1900), S. 472 ff., u. ebenso die lehrreichen Mtl. ü. d. in d. Reichsgrafschaft Wartenberg in dieser Hinsicht im 18. Jht. geltenden Bestimmungen in d. Aufsatz „Verlobt, Ausgerufen, Verheiratet" v. Kleinberger in PfG 2 (Kaiserslautern 1906), S. 21 ff.
  2. Tille, ZPF 2, 77.