Handbuch der praktischen Genealogie/045

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Handbuch der praktischen Genealogie
Inhalt
Band 2
Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI
<<<Vorherige Seite
[044]
Nächste Seite>>>
[046]
Handbuch der praktischen Genealogie.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: fertig
Dieser Text wurde zweimal anhand der angegebenen Quelle korrekturgelesen.



      Ein äußeres Merkmal der Ahnentafel bildet der Umstand, daß wir, vom Probanten ausgehend, natürlich zeitlich rückwärtsschreiten müssen, da wir vom Nachkommen zu den Vorfahren uns wenden.

      Die Ahnentafel spielt in allen Teilen der Genealogie eine gleich wichtige Rolle. Sie hat, gleich der Stammtafel, praktische genealogische Bedeutung und eine literarische Tradition.

      Naturwissenschaftlich überragt die Ahnentafel an Bedeutung auch die Deszendenztafel, da, beim streng gleichmäßigen Schema der Ahnentafeln, hier viel leichter aus dem an vielen Einzelfällen gewonnenen Tatsachenmaterial allgemeine Schlüsse gezogen werden können. Juristische Bedeutung hat die Ahnentafel im Erbrecht, da bekanntlich unser gesetzliches Erbrecht zur Grundlage seiner Erbfolgeordnung nach Stämmen die Ahnentafel macht. Weit größer war die Rolle der Ahnentafel im deutschen Recht des Mittelalters. Da war für die Zugehörigkeit zu einem Geburtsstand direkt die Ahnentafel entscheidend. Die Ritterbürtigkeit ist ja nichts anderes als der Nachweis einer qualifizierten Ahnentafel. Die Spiegler fordern für die Zugehörigkeit zu den Geburtsständen Ahnentafeln von gewissen Qualitäten, und es ist bekannt, wie von der großen Rolle, welche die Stammtafel im deutschen Recht als Kriterium der Standeszugehörigkeit bildete, in späteren Zeiten die Institution der Ahnenprobe, d. h. des Vorweisens einer Ahnentafel, bei der alle erscheinenden Glieder gewisse Voraussetzungen erfüllen mußten (adlige, eheliche Geburt usw.), übrig blieb. Heute noch eröffnet nur die Ahnenprobe den Zutritt zum österreichischen Hof, zu den adeligen Stiftern, zur Kämmererwürde, zu den Ritterorden; nicht geringer ist die Bedeutung der Ahnenprobe im volkswirtschaftlichen und sozialen Sinn, die ihr die Bestimmungen vieler Fideikommißstiftungsurkunden und hochadligen Hausgesetze sichern, welche für die volle Rechtsfähigkeit Ahnenprobe verlangen.

Deszent

      Auch von der Ahnenprobe gibt es Unterarten. Die wichtigste ist das Deszentorium. Darunter verstehen wir einen Auszug aus der Ahnentafel, welcher uns die ein- oder mehrmalige Abstammung des Probanten von einer der in der Ahnentafel erscheinenden Personen dartut. Die einzelnen Abstammungsreihen nennen wir Deszente.

Deszentorium

So ist im Beispiel IX die Abstammung des Erzherzogs Franz Ferdinand von Ostyk, dem Stammvater des Fürstenhauses Radziwill, dargestellt, das Ganze bildet ein Deszentorium, die einzelnen Abstammungsreihen, die Ostyk und den Erzherzog verbinden, sind die Deszente.

Ahnenbezifferung

      Bei der Ahnentafel ergibt sich noch ein Problem, das durch ihre streng gesetzmäßige Konstruktion bedingt ist. Es liegt nahe, der Einfachheit halber die einzelnen Ahnen mit Ziffern zu belegen, zwischen denen dann, bedingt durch den merkwürdigen Aufbau der Ahnentafel, gewisse mathematische Beziehungen bestehen. Es gibt da verschiedene Systeme. Die wichtigsten sind die Systeme Kekule und Hager, deren Unterarten durch die Systeme Roller, Sommer und Seyler gebildet werden. Dem System Lorenz kommt heute keine praktische Bedeutung mehr zu.

      Kekule gibt dem Probanten Nr. 1, seinem Vater Nr. 2, der Mutter Nr. 3,