Handbuch der praktischen Genealogie/012

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Handbuch der praktischen Genealogie
Inhalt
Band 2
Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI
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nachgewiesen.[1] Auch macht Kekule von Stradonitz in der Zeitschrift für Bücherfreunde darauf aufmerksam[2], daß in der Büchersammlung des Rhodocanakis, die bei Rossi in Rom versteigert wurde, kein einziges jener von dem Abenteurer zitierten Bücher sich vorfand. Rhodocanakis hat außerdem drei alte anonyme Werke eingebildeten oder erfundenen Mitgliedern seines Geschlechts zugeschrieben. Er beruft sich auf zwei alte Handschriften freier Erfindung. Seine eigenen Arbeiten, die er in Druck gab, sind voller Fälschungen: Es werden geschichtliche Personen anderer Geschlechter mit erfundenen Personen des Namens Rhodocanakis verheiratet; es werden geschichtliche Träger des Namens Rhodocanakis mit erfundenen Personen anderer Geschlechter verheiratet; es werden Nachweise erfunden oder gefälscht, die einer wirklichen oder erfundenen Person des Namens Rhodocanakis die Titel König, Fürst, Kaiserliche Hoheit, Hoheit usw. beilegen; es werden Stücke tatsächlich erwiesener Genealogien durch erfundene Zwischenglieder oder durch Fälschungen genealogisch miteinander verbunden (VJH 1910).

Die ältere familiengeschichtliche Literatur bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts.[3]

Die ältere familiengeschichtliche Literatur. Das „alte Buch“.

      In genealogischen Dingen ist das sogenannte „alte Buch“ gewöhnlich die unbrauchbarste Sache von der Welt.[4] Als ein abschreckendes Beispiel: jener Lügenhistoriographen, die sich dem Adel gegenüber in Schmeichelei und Unterwürfigkeit überboten, sei der aus Lauban gebürtige Abraham Hosemann erwähnt (gräzisiert Knemiander 1561—1617); hungrige Literaten seines Schlages fertigten teils auf Bestellung, teils um ein literarisches Trinkgeld zu erhaschen, jeder beliebigen adeligen Familie einen bis in die entfernteste Vorzeit reichenden Stammbaum an und erhoben dabei die einzelnen Familienglieder, nicht nur solche, die einst wirklich gelebt, sondern auch rein erdichtete, bis in den Himmel. Da sich die der genealogischen Nachweisungen bedürftige Stiftsmäßigkeit bis zu einem gewissen Grade mit der Hoffähigkeit und selbst mit der Landstandschaft kombinierte, so gewannen im ganzen Deutschen Reiche völlig kritiklose Kompilationen von der Geltung eines Bürgermeisters hohes Ansehen. Heute noch kann der auf dem Gebiete der Adelsgeschichte tätige Forscher dazu verurteilt sein, die künstlich angelegten Irrgänge, mit denen


  1. Emile[GWR 1] Legrand, Dossier Rhodocanakis, Etude critique de Bibliographie et d'histoire littéraire, Paris 1895.
  2. Kekule von Stradonitz, Ein „bibliophiler" Adelsabenteurer der Neuzeit, Zeitschr. f. Bücherfreunde, 12. Jg. 1908/1909.
  3. Ü. d. außerdeutsche familiengeschichtl. Literatur älterer Zeit orientiert man sich am raschesten aus Wachler, Gesch. d. histor. Wftn., Göttingen 1812—1820, dem ich auch im folgenden teilweise mich angeschlossen habe. Vgl. auch Mayer, M., Versuch einer geschichtl. Entwickl. der Genealogie HGBAB. 1909.
  4. Lorenz, Lehrbuch der Genealogie S. 150.



Anmerkungen der GenWiki-Redaktion (GWR)

  1. Druckfehler in Textvorlage: Emilie