Gwilden

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Hierarchie

Regional > Litauen > Gwilden

Regional > Historisches Territorium > Deutschland 1871-1918 > Königreich Preußen > Ostpreußen > Kreis Memel > Gwilden



Gwilden
Gwilden in der Memellandkarte

Einleitung

Das Dangetal bei Gwilden

Gwilden, Kreis Memel, Ostpreußen


Name

Andere Namen und Schreibweisen

Namensdeutung

Der Name weist Gemüseanbau bzw. auf Pflanzen oder Bäume, deren Früchte aus den Schalen oder Hülsen fallen oder springen.

  • preußisch-litauisch "gvildas" = die äußere grüne Hülle, die Schlaube, der Kelch der Nüsse, Kastanien und dergleichen, Hülse, Schote
  • "gvildis" = die Fähigkeit reifer Früchte aus der Hülse zu fallen, sich leicht zu entschlauben, die Reife der Hülsenfrüchte
  • "gvildys" = der Ausschlauber
  • "gvildyti" = ausschlauben
  • "Wagger" ist kurisch-lettisch und bedeutet Aufseher.


Allgemeine Information

Hof an der Dange bei Gwilden (um 1930)
  • Gut, 7 km nördlich von Memel, gegründet 1638[7]

Angrenzende Orte

An das cöllm. Gut Martin Gwilde angrenzende Orte
Im Osten: Weberischken
Im Süden: Clauß Plutzen
Im Westen: Simon Kiaul Megallen
Im Norden: Jacob Keken

Quelle:[8]

Politische Einteilung

Gwilden Wagger wurde 1763 erwähnt. Das Gehöft war ein königlicher Bauernhof.
1785 ist Gwilden ein Kölmisch Gut, 1916 Gutsbezirk.[9]
1940 ist Gwilden ein Dorf in der Gemeinde Truschellen.


Kirchliche Zugehörigkeit

Evangelische Kirche

Gwilden gehörte 1888 und 1912 zum Kirchspiel Memel Land.

Katholische Kirche

Gwilden gehörte 1888 und 1907 zum katholischen Kirchspiel Memel.


Standesamt

Gwilden gehörte 1888 und 1907 zum Standesamt Truschellen.


Bewohner

  • 1719: Das cöllm. Gut Martin Gwilde hat 3 Huben 5 Mo. 40 Ruthen, dem Johann Gwilde gehörig.Quelle:[10]
  • 1719: Martin Gwilde, ein cöllmisches Guth im Crottingschen Creyße in dem Ekitschen Schultze Ambte gelegen, gehört dem Johann Gwilde. Quelle:[11]
  • 1736: Martin Gwilde


Geschichte

Martin Gwild auf der Carte des terres devant le Curis H[affe] [de] cote du Memmel, ca. 1670, 1:55 000, Sign. N 11999/50
© Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
  • 1638 Martin Gwilda kaufte für 200 damalige Mark 3 Hufen 1/2 Morgen beim "Dorfe" Eckitten zu kölmischen Rechten.[12]
  • Der Amtsunterthan Martin Gwilda erhält 10. Nov. 1638 drei Hufen 1/2 Mo. Übermaß beim "Dorfe" Eckitten für 200 Mk. Kaufgeld zu kölm. Rechten gegen Erbzins. Das Gut blieb bis in die neueste Zeit im Besitz der Familie Gwildies; auch war die Originalurkunde auf Pergament noch 1907 bei derselben vorhanden.[13]



Zusammenfassung eines Beitrages von Joh. Sprogies aus dem Memeler Dampfboot vom 5. August 1957:

Der letzte Gwildies auf Gwilden

Nun ist der Mund des Martin Gwildies, Justizobersekretär am Memeler Landgericht, verstummt. Er ruht unter mächtigen Linden auf dem Städtischen Friedhof der Kreistadt Grimmen in Pommern [1].
Er war als der erste Sohn des kölmischen Bauern Martin Gwildies[2] auf Gwilden im Kreis Memel im Jahre 1887 geboren worden. Die Vorfahren hatten einen 3,5 Hufen großen Hof beim Dorf Eckitten an der Dange für 200 damalige Mark Kaufgeld zu kölmischen Rechten[3] aus den Händen des preußischen Kurfürsten erhalten. Am 10. November 1683 wurde der Hof Martin Gwilda grundbuchamtlich eingetragen. Unter diesem Namen verblieb der kölmische Hof bis in die neueste Zeit im Besitz der Familie Martin Gwildies. Das Kölmische Recht auf Gwilden, das grundbuchamtlich verankert war, bestimmte, daß nur der erste Sohn, welcher ebenfalls Martin heißen sollte, stets der Nachfolger in der Erbfolge und der grundbuchamtliche Besitzer des kölmischen Hofes sein müsste. Die Gebundenheit des Bauern durch die Erbuntertänigkeit war damals keine Willkür und Härte sondern eine weise Maßnahme gegen den damals unter der Landbevölkerung herrschenden Wandertrieb. So war der Gwilder Hof bis in das Jahr 1928 grundbuchamtlich auf Martin Gwildies eingetragen und somit fast 300 Jahre in ein und derselben Familie. Erst der Weimarer Zeit bleib es vorbehalten, diese kölmischen Vorbehaltsrechte zu beseitigen und die Löschung auf Antrag zuzulassen.

Der preußische König ließ laufend Überprüfungen über die wirtschaftliche Lage seiner Kölmer durchführen und überzeugte sich auf Inspektionsreisen selbst von der Rentabilität. Durch umsichtiges Wirtschaften und kluge Voraussicht gelangten viele kölmische Höfe zu gediegener Selbständigkeit und respektablem Wohlstand.

Die Bedeutung des Hofes Gwildies mag man an der Schilderung der Hochzeit des Vaters des jetzt verstorbenen Martin Gwildies messen, der im Jahr 1886 eine Bauerntochter [4] aus altem Geschlecht heiratete. Sie brachte 3000 preußische Taler in die Ehe ein. Großes Aufsehen gab es, als der Schwiegervater am zweiten Tag der Hochzeitsfeierlichkeiten vor allen Gästen seinem Schwiegersohn diese Summe in purem Gold, in 10- und 20-Mark-Goldstücken auf den weissgedeckten Hochzeitstisch zählte. Er hatte die Summe nicht etwa in einem Beutel mitgebracht, sondern sie einfach unter sein Leinenhemd gesteckt, wobei der Leibriemen den Halt gab. Nach der Auszahlung dieser vereinbarten Summe unter Zeugen wurde die Frau in den nächsten Tagen als Mitinhaberin des Hofes eingetragen.
Unter den Hochzeitsgästen befanden sich nicht nur Verwandte und Nachbarn. Selbst der damals noch jugendliche Landrat und spätere Geheime Regierungsrat Cranz[5] war zugegen. Hier war es auch, wo er beim Hochzeitstanz seine spätere Frau, ein Fräulein Frentzel[6], kennenlernte.

1898 war das Schicksalsjahr des damaligen Hoferben Martin Gwildies. Dem elfjährigen Knaben wurde unglücklicherweise durch den eigenen Vater ein Fuß in der Höhe des Knöchels mit dem Grasmäher abgetrennt. Der Hoferbe schien damit unfähig geworden, sein Erbe anzutreten. Er wurde daher in das Büro des Memeler Justizrates Borchert [7] gegeben, wo er die Prozeßführung in allen Einzelheiten erlernte. 1915 bis 1918 bearbeitete Martin Gwildies-Sohn die Akten der Kriegsschäden beim Landratsamt in Memel. Bis zur Flucht war er dann jahrzehntelang Leiter der Rechtsantragsstelle beim Land- und Amtsgericht in Memel.

1892 verstarb die Mutter. Der Vater heiratete mit 39 Jahren ein junges Bauernmädchen von 17 Jahren. 1908 verstarb der Vater, und 1910 heiratete die junge Bäuerin einen jüngeren Herrn aus dem Zeitungswesen, der gerade seine Lehrzeit hinter sich hatte und kaum etwas von Landwirtschaft verstand. Der Hof verschuldete, konnte sich aber nach dem ersten Weltkrieg in der Inflation von mancher Schuldenlast befreien. Um die Kinder aus zweiter Ehe am Erbe teilhaben lassen zu können, wurde der Antrag auf Aufhebung des Majorats gestellt und bewilligt. Das Memelgebiet hatte die Weimarer Rechtssprechung in vielen Dingen übernommen, und so endete durch einen Federstrich sang- und klanglos der 300jährige Name Gwildies auf Gwilden.
Martin Gwildies, um den wir jetzt trauern, war unter den Landwirten des Kreises Memel bekannt. Er war nicht nur ein Rechtsucher sondern auch ein Gottsucher, der selbst in Grimmen noch als Kämpfer der „Jungen Gemeinde“, selbst gegen die Kommunistischen Jugendweihen, hervortrat.


Verschiedenes

Karten

Gwilden auf der Schroetterkarte (1796-1802) 1:50 000
© Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Siehe nordöstlich von Tauerlaucken auf der Schroetter Karte 1802, Maßstab 1: 160000


Gwilden und Umgebung im Preußischen Urmesstischblatt 1860
© Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
Gwilden im Preußischen Urmesstischblatt 1860
© Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz


Gwilden im Messtischblatt 0293 Plicken (1910-1940) mit den Gemeindegrenzen von 1938
© Bundesamt für Kartographie und Geodäsie


Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis

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Quellen

  1. Johannes Sembritzki, Geschichte des Kreises Memel, Memel, 1918
  2. Carte des terres devant le Curis H [affe] [de] cote du Memmel, ca. 1670, 1:55 000
  3. Dietrich Lange: Geographisches Ortsregister Ostpreußen einschließlich des Memelgebietes, des Soldauer Gebietes und des Reg.-Bez. Westpreußen (1919-1939)
  4. Generalhufenschoß 1719-1766, Schulzenamt Memel, Hubenzahl 1719, Buch Nr. 3, Staatliches Archivlager, Göttingen, 1962
  5. Amtsblatt des Memelgebietes vom 01.09.1923
  6. Amtsblatt des Memelgebietes vom 29.12.1923
  7. Dietrich Lange: Geographisches Ortsregister Ostpreußen einschließlich des Memelgebietes, des Soldauer Gebietes und des Reg.-Bez. Westpreußen (1919-1939)
  8. Generalhufenschoß 1719-1766, Schulzenamt Memel, Hubenzahl 1719, Buch Nr. 3, Staatliches Archivlager, Göttingen, 1962
  9. Johannes Sembritzki, Geschichte des Kreises Memel, Memel, 1918
  10. Generalhufenschoß 1719-1766, Schulzenamt Memel, Hubenzahl 1719, Buch Nr. 3, Staatliches Archivlager, Göttingen, 1962
  11. Generalhufenschoß 1719-1766, Schulzenamt Memel, Special Protocoll 1719, Buch Nr. 2, Staatliches Archivlager, Göttingen, 1962
  12. Sembritzki, Johannes: Geschichte des Kreises Memel, Memel 1918, S. 17
  13. Sembritzki, Johannes: Geschichte des Kreises Memel, 1918