Großherzogtum Hessen/Regierungsblatt 1849/028

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Großherzogtum Hessen/Regierungsblatt 1849
Alphabetisches Inhaltsverzeichniß:
AB CDE FGHI/J KLMNO PQR S TUVW Z
Alphabetisches Namenregister:
ABCDE FGHJK LMNOPQRS TUVWZ
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Grossherzoglich Hessisches Regierungsblatt 1849.djvu
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Die Verweisung der Sache an das Obergericht hat von Rechtswegen die Wirkung, daß die Vollstreckung bis dahin ausgesetzt werden muß, wo der Cassationshof definitiv entschieden haben wird.
Das Obergericht erkennt blos über die Existenz und die Identität der Person, und nachdem das Erkenntniß desselben mit den Acten dem Cassationshofe übersendet worden ist, kann dieser das verurtheilende Erkenntniß aufheben, und, geeigneten Falls, die Sache vor einen anderen Assisenhof, als denjenigen, welcher zuerst erkannt hat, verweisen.

Art. 104.

Wenn nach erfolgter Verurtheilung eines Angeklagten ein Zeuge, der zu dessen Belastung ausgesagt hatte, darum verfolgt wird, weil er in jenem Processe ein falsches Zeugniß abgelegt habe, so wird, sobald die Anklage wegen falschen Zeugnisses gegen den Zeugen zugelassen, oder auch nur eine Haft wider denselben verfügt worden ist, durch den General-Staatsprocurator die Vollstreckung jener Verurtheilung ausgesetzt, selbst wenn der Cassationshof den Cassationsrecurs des Verurtheilten bereits verworfen hätte.
Erfolgt gegen den Zeugen wegen falschen zur Belastung des Angeklagten abgelegten Zeugnisses ein Strafurtheil, so wird aus den Antrag Desjenigen, der durch das erste Erkenntniß verurtheilt worden ist, oder auf den Antrag des General-Staatsprocurators dem Cassationshofe von der Verurtheilung des Zeugen Mittheilung gemacht.
Der Cassationshof vernichtet hierauf das ganze vorausgegangene Verfahren nebst dem Ausspruche der Geschwornen und dem darauf gefolgten Erkenntniß, und verweist die Sache des zuerst Verurtheilten auf den Grund des Anklageacts zur Aburtheilung vor einen anderen Assisenhof als denjenigen, der das frühere Erkenntniß erlassen hat.
Wird der eines falschen Zeugnisses Angeklagte frei oder losgesprochen, so wird das verurtheilende Erkenntniß ohne weiteren Aufenthalt vollstreckt.

Art. 105.

Stirbt ein Zeuge im Falle des ersten Satzes des vorhergehenden Artikels, nachdem bereits die Anklage gegen ihn erkannt war, so werden die Acten sofort unmittelbar an den Cassationshof eingesendet.
Ist die Anklage noch nicht erkannt, so wird die Untersuchung vorerst fortgesetzt, als ob der Zeuge noch am Leben wäre, und nach Erschöpfung der Untersuchung hat die Anklagekammer, an welche die Acten einzusenden sind, vorerst über die Statthaftigkeit der Anklage zu entscheiden.
Der Cassationshof hat dann in dem einen, wie in dem andern Falle darüber zu erkennen, ob das Urtheil, gegen welches die Wiederaufnahme der Untersuchung begehrt wird, aufzuheben ist, und er kann im Bejahungsfalle den Angeklagten vor einen anderen Assisenhof, als denjenigen verweisen, welcher das angegriffene Erkenntniß erlassen hat.

Art. 106.

Die Zeugen, welche wegen falschen Zeugnisses verurtheilt worden sind, können in dem neuen Verfahren weder beeidigt, noch vermöge der Präsidialgewalt unbeeidigt vernommen werden.