Hundelshausen/Rückerode

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Zufahrt zum ehem. Gut Rückerode bei Hundelshausen

Burg Rückerode

Dieser eigentümliche Ort, oberhalb und nordöstlich von Hundelshausen (Ortsteil von Witzenhausen)
gelegen, verdankt seine Existenz einem kleinen harten Dolomitfelsen und der Tatsache, daß hier vor
langer Zeit eine Burg gestanden hat. Das Innere des Felsens wurde bis auf eine mächtige Mittelsäule
ausgehöhlt, es ist der sogenannte Schloßkeller. In ihm bleibt die Temperatur das Jahr hindurch gleich,
so daß er als Lagerraum vorzüglich geeignet ist. Aus dem gewonnenen Felsmaterial wurden die hohe
Stützmauer westlich, neben der heutigen Kreisstraße, und ein Wehr- und Wohnturm auf der Spitze des
Felsens errichtet.

Zur Burg gehörte eine Versorgung mit Landwirtschaft, Tierhaltung und Handwerkern. Ohne den
Burgenbau wäre hier oben wahrscheinlich gar nicht gerodet worden. Das Gelände ist schwierig.
Eine Tonschicht am Rande des Roggenberges sammelt Niederschlagswasser und läßt einen Teil in
Richtung Rückerode abfließen. Es wird zu einem Behälter oberhalb des Gutes geleitet.
Beim Bau der Kreisstraße wurde dieser neu errichtet. Der Wasserlauf versiegt selten, reicht aber
höchstens für 40 Kühe. Eine weitere Quelle entspringt 200 Meter unterhalb des Gutes.

Die Umgebung von Rückerode weist einige landschaftliche Besonderheiten auf. Der Südhang des
Stadtberges, ein Kalkmagerrasen, ist mit Wacholdern bestanden. Wegen der Orchideen wird er in
Abständen von Verbuschung freigehalten.
Der alte Gutsbezirk Rückerode reichte bis zur Flachsbachmühle, bis zum Ludwigstein sowie bis
nach Oberrieden. Nach der Vereinigung mit Hundelshausen 1929 ergab sich eine ausgedehnte
Gemarkung. Ein Teil der Rückeroder Landwirtschaft hatte schon immer im Hundelshäuser
Talgrund stattgefunden, nämlich von der Bleiche (heute Festplatz) bis unterhalb des Sportplatzes.

Geschichte

Ursprünge

Im Ortsnamen Rückerode steckt der männliche Vorname Rugger (Rüdiger). Die Bilsteiner Grafen,
benannt nach ihrer Burg hoch über der Felswand des Höllentals, hießen im Generationswechsel
Graf Wigger und Graf Rugger. Wahrscheinlich ließen sie den heute noch bestehenden Fürstenstein
über Albungen jenseits der Werra als östliche Vorburg errichten und Rückerode als nördlichen
Schutzbau gegen die Begehrlichkeiten der Welfen (Herrschaft Hannover).
Diese hatten durch die Northeimer Grafen schon mal den Hanstein und die Boyneburg (im frühen
Zustand)
in Besitz gehabt, gründeten Münden, annektierten den größten Teil des Kaufunger Waldes
und kamen mit Burg Sichelnstein und Landwehrhagen bis Kassel.
Burg Sensenstein wurde die Gegengründung der Kasseler Landgrafen. Nach Aussterben des
Geschlechts der Bilsteiner kam der Kernbereich ihrer Grafschaft zu Hessen.
Rückerode wurde Vogtei und später staatliche Domäne. [1]

Felsvorsprung oberhalb des Gutes Rückerode bei Hundelshausen,
auf dem sich die Mauerreste und Kellergewölbe einer ehemaligen
Burganlage des 13./14. Jahrhunderts befinden.
Mauerreste einer ehemaligen Burganlage des 13./14. Jh.,
die sich auf einem Felsvorsprung oberhalb des Gutes Rückerode
bei Hundelshausen befinden.
Germeramark Überschrift.jpg

Im Hochmittelalter besaßen die Bilsteiner Grafen die Germeramark, benannt nach dem
uralten Dorf Görmar im Osten Mühlhausens. Die Herrschaft war
kein geschlossenes Territorium, sondern bestand aus einzelnen Besitzungen bis vor den Harz
und rund um den Meißner, aber auch an Lahn, Dill und im Rheinland. Dazu kamen die
verschiedensten Anrechte auf Abgaben und Steuern. Schwerpunkt war das Meißnervorland.

Kloster Germerode wurde als kultureller Mittelpunkt und landwirtschaftlicher Hauptort erbaut.
Das Kloster stützte sich auf mehrere Vorwerke, unter anderem den noch als von Hecken
umstandenes Rund erkennbaren Mönchehof östlich von Kammerbach. Rückerode hatte
jahrhundertelang Abgaben nach Germerode zu leisten, übrigens auch Roßbach.

Als die Bilsteiner Grafschaft an den Kasseler Landgrafen kam, verpachteten diese
Rückerode an verschiedene Familien des umwohnenden Adels. Urkunden geben darüber
Auskunft. Längere Zeit saß eine jüngere Linie der von Hundelshausen auf der Burg.
Um 1300 wird dort ein Ritter Eckard von Hundelshausen genannt.

Besitzverhältnisse, Ortsadel

  • 1348 hat das Witzenhäuser Wilhelmitenkloster Besitzungen in “Rukerade”.
    Wilhelmiten waren Adelssöhne, die im Umkreis Seelsorge ausübten,
    Messen lasen und die sich im übrigen um die Entwicklung der
    Landwirtschaft kümmerten. Wilhelmitenklöster gab es auch in Mülverstedt
    bei Langensalza, in Wasungen und in Freihagen.
    Mutterkloster war Weißenborn bei Ruhla.
  • 1366 hat Thylo von Rengelrode das landgräfliche Lehen Rückerode in Besitz.
  • 1372 vermachte Odylie, Witwe des Thylo von Rengelrode, dem Kloster Germerode
    die Abgaben aus der Hälfte des Dorfes Rückerode.
  • 1428 werden bereits die von Berge als Inhaber Rückerodes genannt.
    Sie blieben bis zum Aussterben der Linie nach 1600. Ihr Begräbnisort war
    Trubenhausen. Ein dort wieder gefundener und imTurm aufgerichteter Grabstein
    erinnert an sie.
  • 1527 wird Kloster Germerode immer noch als Nutznießer bezeugt.
    Im selben Jahr aber läßt Landgraf Pilipp der Großmütige, Zeitgenosse Martin
    Luthers und Philipp Melanchtons, alle hessischen Klöster aufheben.
    Ein Jahr zuvor hatte eine Synode in Homberg, die fünf Tage lang als
    Versammlung der gesamthessischen Stände in der Marienkirche tagte,
    mit ganz großer Mehrheit die Einführung der Reformation beschlossen.
Refektorium des Wilhelmiten-Klosters in Witzenhausen

Vier Klöster, darunter Merxhausen und Haina, wurden die ersten Landeshospitäler Deutschlands. Sie nahmen Kranke aus den Dörfern auf, wenn die Familien mit ihnen überfordert waren. Oberkaufungen und Wetter wurden umgewidmet zu Stiften für unverheiratete Kinder des Adels. Die Verwaltung der Stifte übertrug Philipp der Althessischen Ritterschaft, die darum einmal jährlich in Oberkaufungen zusammentritt.

Fürstliches Quartier

Moritz Landgraf von Hessen.jpg

Landgraf Moritz von Hessen-Kassel, genannt „der Gelehrte“ (* 25. Mai 1572 in Kassel; † 15. März 1632 in Eschwege) war von der Landschaft um Rückerode begeistert. Er erwog, dort ein Schloss als möglichen Ruhesitz für seine verehrte Gattin Juliane errichten zu lassen. Er fertigte dazu eine Bauzeichnung an, die heute in der Murhardtschen Bibliothek Kassel aufbewahrt wird. Der Dreißigjährige Krieg verhinderte die Ausführung des Plans. Stattdessen ließ die Familie für Moritz das Eschweger Schloss vergrößern und schob ihn dahin ab.

Vogtei

Auf Rückerode setzte Landgräfin Juliane einen Vogt ein. Dieser Titel ist die Verdeutschung von lateinisch vocatus (= Gerufener, Beauftragter). Von 1623 bis 1817 gab es die kleine Vogtei Rückerode. Außer dem Burgort gehörten dazu: Flachsbach, Trubenhausen, Niedergut Großalmerode (auch Niederalmerode genannt) und die Hälfte der Häuser Epterodes. Ob der Name Erbsmühle eine Verschleifung aus „Epterodes Mühle“ ist? Um zur Mühle zu kommen, hatten die Epteröder jedenfalls den Querenberg zu überwinden. Quere ist ein niederdeutsches Wort für Mühle. Laut einer Urkunde hatte auch eine Glashütte am Querenberg Steuern nach Rückerode zu zahlen.

Blick auf Rückerode

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Skizze des Landgrafen Moritz für einen Schlossbau auf Rückerode

Dienstverpflichtigungen

Gustav Wollenhaupt beschreibt in seinen Großalmeröder Aufsätzen, welche Dienste beispielsweise
die Epteröder wegen ihrer Zugehörigkeit zur Vogtei Rückerode zu leisten hatten. Bei der Heu- und
Feldernte mußten sie zu Fuß von Epterode nach Rückerode kommen, um zu helfen. Flachs war zu
„plauen“ und Gips wurde zur Gewinnung von Estrich abgebaut. Bekanntmachungen und Verhandlungen
geschahen oberhalb des Gutes an einer Wegkreuzung, dem „Alten Gericht“.

Bestattet wurde bei der Trubenhäuser Kirche. Dort zuständig war das Pfarramt Uengsterode und
nach seiner Aufhebung das Pfarramt Laudenbach. 1727 kam Rückerode zur Kirchengemeine
Hundelshausen. Deren Pfarrer war auch für die Vollung zuständig.
Nach dem Zwischenspiel der französischen Herrschaft von 1806 bis 1813 wurde in Kurhessen
die Verwaltung modernisiert. Die Vogtei Rückerode ging 1817 in dem neu gebildeten Amt
Großalmerode auf. Dieses wurde 1843 Teil des neuen Kreises Witzenhausen.
Während jetzt, 2011, nur drei Menschen auf Rückerode wohnen dürften es früher immer um
vierzig oder fünfzig gewesen sein.

Pächter

Bis zum Ersten Weltkrieg haben verschiedene Pächterfamilien auf Rückerode ertragreich
gewirtschaftet. An Arbeitskräften war kein Mangel. Die Löhne waren festgelegt. Die Familien
wohnten mietfrei, und sie erhielten Deputat. Die Melker verdienten besonders gut. Personal
hielt auch den kleinen Park neben der herrschaftlichen Wohnung in Ordnung. Auch ein Garten
wurde bestellt. Noch heute ist östlich der Gebäude ein schöner Bauerngarten vorhanden.
Früher erstreckte er sich weiter bergauf, und in der Mitte lag ein Rondell.
Die Arbeiterhäuser standen an der Straße und an der Hofeinfahrt. Um 1940 wohnte hier Familie
Eckardt mit allein 18 Kindern. Zur Schule nach Hundelshausen wanderten von Rückerode
durchschnittlich 20 Kinder. Hundelshäuser kamen zur Tagelohnarbeit nach Rückerode herauf,
auch Schülerinnen und Schüler, die sich beim Verziehen der Rüben ein wenig Geld verdienten.

Von zwei Generationen der Pächterfamilie Nickau gibt es noch mündliche Überlieferungen.
Die Frau des Seniors wurde wegen ihrer Tüchtigkeit in der Hauswirtschaft gerühmt. Unter ihrer
Leitung bekamen mehrere Gruppen von Mädchen auf Rückerode eine Ausbildung in Landwirtschaft
und Hauswirtschaft. Die Familie Nickau hatte Saisonarbeiter aus Polen. Sie machten unten im
Gelstertal das Heu und brachten es vierspännig nach oben. Die Wiesen erbrachten gutes Heu.
Gestautes Gelsterwasser wurde kunstvoll durch die Talwiesen geleitet, was zu einer Steigerung
des Ertrags führte. Dennoch bekamen die Nickaus zu spüren, dass sich nach dem verlorenen
Ersten Weltkrieg die Bedingungen für die Landwirtschaft verschlechterten. Als die Pachtschulden
zu groß geworden waren, musste Nickau jun. 1933 aufgeben.

Vogteigebäude Rückerode [3]
Waldrastplatz „Altes Gericht“ bei Rückerode

Familie Sprenger

Frühling auf dem Ellerstein bei Rückerode

Zum 1. März 1933 pachtete Willi Sprenger das Gut Rückerode. Er war Waldecker, aus Alraff
bei Sachsenhausen stammend. Seine Frau Anna, geb. Ludwig, kam aus Gertenbach, aus einer Schmiede, die
mit Landwirtschaft und einer Gaststätte verbunden war. Auf Rückerode galt es zunächst einmal, aufzuräumen und
zu säubern.
Anna Sprengler richtete dann eine kleine Gaststätte auf Rückerode ein.
Zusammen mit Frau Tribian, geb. Pflüger, aus Trubenhausen bewirtete sie Gäste auf der
Terrasse des Schlossfelsens. Ein Steintisch war schon auf Rückerode vorhanden. Zwei weitere
ließ sie vom elterlichen Grundstück in Gertenbach holen. Wanderer und Ausflügler kamen
besonders zahlreich an Sonntagen und manche sogar mit Kutsche.
Herr Tribian arbeitete auf Rückerode als Gärtner.

Im Zweiten Weltkrieg wurden Flüchtlinge einquartiert. Fremdarbeiter aus Polen und Schlesien
ersetzten die eingezogenen heimischen Arbeiter. Nach dem Kriegsende 1945 mussten in
Hundelshausen zahlreiche Flüchtlinge aus den Ostgebieten untergebracht werden.
Die Vertriebenen suchten Arbeit und viele von ihnen kamen nach Rückerode herauf, um in der
Landwirtschaft mitzuhelfen. Als Entgelt bekamen sie etwas Milch, oder sie durften von dem
Obst pflücken.

In der Nachkriegszeit gab es viele Veränderungen. Rückerode erhielt eine Telefonleitung durch „den Grund“. 1953 kam der Stromanschluss vom Hundelshäuser Sportplatz herauf. 1969 schied der letzte Melker aus. Das Melken geschah nun maschinell, und es wurde immer weiter rationalisiert. Die Erzeugerpreise fielen, und bald konnte das Personal nicht mehr bezahlt werden. Rückerode wurde menschenleer.

Ansicht von Rückerode und Hof Vollung

Blick über die Dächer von Rückerode zur Burg Hanstein
Hof Vollung an der Straße von Hilgershausen nach Rückerode


Icon Literatur.jpg Literatur

  • Gustav Ohlendorf, „Hundelshäuser Besonderheiten", Mecke Druck und Verlag, Duderstadt 2012, ISBN 978-3-86944-055-2
  • Manfred Lückert, „Der Meißner", Ein Leben mit dem Berg, Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, 1. Auflage 2011, ISBN 978-3-86777-180-1
  • Karl Kollmann, „Frau Holle" und das Meißnervorland, Verlag F.W. Cordier, Heiligenstadt, 2. erweiterte Auflage 2012, ISBN 978-3-939848-32-5
  • Waldemar Küther, Historisches Ortslexikon des Landes Hessen, Kreis Witzenhausen, Marburg 1973, ISBN 3 7708 04961




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Verschiedenes

Meißnerdörfer

Beschreibung der Ortschaften im nördlichen Meißnervorland:

Weblinks

Meißnerdörfer auf der Landkarte des Werra-Meißner Kreises


Daten aus dem GOV

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Quellen, Einzelnachweise

  1. Text in Anlehnung an Gustav Ohlendorf, „Hundelshäuser Besonderheiten", Duderstadt 2012, ISBN 978-3-86944-055-2
  2. Im Hintergrund erhebt sich das Massiv des Meißners. Man kann Schwalbental erkennen und die Kalbe, zweithöchste Erhebung des Meißners, 720 m
  3. Eine Kachel von Johannes Hupfeld, 1989, aus dem Buch: Gustav Ohlendorf, „Hundelshäuser Besonderheiten", Duderstadt 2012, ISBN 978-3-86944-055-2, beziehbar durch Buchhandlung Hassenpflug, Witzenhausen, (sehr zu empfehlen)