Friedhöfe im Memelland/Historisches

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Frühgeschichte

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1525-1558 Kirchenordnung Preußens

Die einzelnen Kirchenordnungen der Kirchen (Vorläufer der Landeskirchen) nehmen oft Bezug auf ältere, bereits bestehende Kirchenordnungen und ändern nur wesentliche sie selbst betreffende Bestimmungen ab. Wenn auch nicht viel zur Ordnung von Bestattungen und Gestaltung der Kirchhöfe vermerkt ist, sind es doch Hinweise auf die religiöse Bestattungskultur im alten Ostpreußen.

"Während die K.O. v. 1558 eine Reihe Württembergischer Element aufgenommen hatte, kehrt die vorl. zu dem Typus der Sächsischen Kirchen und der K.O. v. 1544 zurück, welche sie nur in einzelnen Punkten abändert. Diese neue Redaction erfolgte auf den Befehl des Herz. Albrecht durch die beiden Bischöfe von Samland und Pomesanien, Benediger und Wörlin.

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18. Jahrhundert

Pestjahre 1709-1711

Als die Pest 1709-1711 weite Teile Ostpreußens entvölkerte waren auch schnell die Friedhöfe zu klein geworden. Es entstanden Pestfriedhöfe und Krematorien. So stand in der Nähe des heutigen Friedhofes von Suwehnen (dem ehemaligen Pestfriedhof von Kinten) ein Krematorium (Ofen aus Ziegelsteinen) bis zum zweiten Weltkrieg. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden die Steine des Krematoriums von den nachfolgenden Bewohnern dieser Gegend für die eigenen Öfen verwendet[1]

Der Pestfriedhof von Pillkoppen wurde noch im Baedeker Ende des 18. Jahrhunderts als "gruselige" Sehenwürdigkeit[2] benannt. Doch auch andere Kirchspiele hatten ihre eigenen Pestfriedhöfe : Coadjuthen, Malshöfen, Suwehnen ... (wird ergänzt).

Darkehmen 1754

Erst 1794 regelt das Allgemeine preußische Landrecht die Legung der Friedhöfe außerhalb der Stadtgrenzen. Ein Bericht über den Kirchenneubau in Darkehmen gibt hingegen Aufschluss über die Bestattungstradition in den Jahren davor:

So war der alte Kirchplatz noch als Begräbnisstätte der deutschen Einwohner, die sich hier für 5-10 Groschen Erdgeld bestatten lassen konnten. Die Vornehmen und Geistlichen ließen sich hingegen weiterhin in der Kirche bestatten. Nur die ärmeren Littauer wurden auf den Kirchhöfen ihrer Ortschaften beigesetzt[3]

1794 Allgemeines Landrecht

1794 wurde das allgemeine Landrecht durch Friedrich den Großen ratifiziert und eingeführt. U.A. finden sich in ihm auch Regelungen zu den Kirchhöfen und den Begräbnissen. Sie sind wichtig um Besonderheiten der Friedhöfe im Memelland zu verstehen und einzuordnen.

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Bürgerliches Gesetzbuch

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Sagen und Märchen

Sagen, Märchen und kleine Weisheiten enthalten oft Hinweise auf vergangene Gewohnheiten und historische Plätze, die darum hier unter Kulturelles ihren Platz finden soll. Nach der allgemeinen Beschreibung findet sich auch immer ein Linke auf die ganze vorgestellte Geschichte. Gesammelt wurden sie schon 1837 - in den Texten finden Sie stets die Seitenangabe[4].

So beschreibt der Leichenbesuch (S.167) - oder auch der Todtenflug - die Stadt Danzig und ihre damaligen Friedhöfe: den deutschen und den litthauischen. Sie lagen entgegengesetzt an den Enden der Stadt in gerader Linie. Dies zu den geographischen Gegebenheiten, der Rest ist Aberglaube und Gruselei (lesen Sie hier die ganze Geschichte...). Im wesentlichen geht es aber um die Tradition, dass deutsche und litthauer getrennte Friedhöfe hatten und sich dennoch "grün" waren. Sei es nun ein romantisches Gedenken an gewünschte Tatsachen oder ob es sich um echte Tatsachen handelt, kann man nicht rekonstruieren. Eine poetische Version der Geschichte finden Sie hier.

Um den historischen Charakter eines Ortes zu schützen, wurden ebenso Geschichten herbeigezogen wie die Geschichte des "Todtenberges bei Marienwerder (S. 213)". Eine Hinterlassenschaft des polnisch-schwedischen Krieges sollte nicht in Vergessenheit geraten oder unwissende sollten den Hügel nicht schänden (lesen Sie hier die kurze Geschichte).

Weiß man heute um die Besonderheiten junger und alter Moränenlandschaften, die zuletzt maßgeblich das Memelland geformt hatten, gibt es auch volkstümliche Versionen die die Entstehung zu erklären suchen. So ist nicht minder ein Riesenweib (S.241) für die Schaffung des Höhenzuges zwischen Westpreußen und Pommern verantwortlich. So klingt es auch gleich viel fantastischer (lesen Sie hier die ganze Geschichte).

Ungleich unhygienischer waren dann die Empfehlungen, wie mit den Grabbeigaben (S.285 ff.) heidnischer Gräber zu verfahren sei. Ob sie da schon wussten, dass es Lebensmittelbehälter waren und nicht Totenurnen? So werden aus ihnen Gaben für die Barstukken (siehe unten), oder Auswüchse der Mutter Erde im Mai - gar soll man seine Hühner draus saufen lassen, dass es gesund und fett werde (lesen Sie hier die Geschichten).

Einen Hauch Altertumsforschung enthält die Beschreibung des Seelentisches (S.260ff) der Litthauer. Es war noch bis zum Mittelalter Tradition, dass auf dem Grab des Toten das Leichenmahl gehalten wurde - davon zeugen Gräberfunde, bei denen Tonscherben auf den Gräbern lagen und nicht daneben. Ebenso die Weisung, dass der Tote unter freien Himmel sterben sollte, damit sich seine Seele zum Himmel emporheben kann. Der Seelentisch bietet eine Form der Trauerverarbeitung an, die es heute immer weniger gibt. Nach einer gemessenen Gedenk- und Besinnungszeit trifft man sich und hält gemeinsam das Mahl - d.h. man fängt mit den wesentlichen Dingen im Leben wieder an. Bei der Gelegenheit wird auch dem Toten gedacht und er erhält ein letztes Mal Anteil an dem Beisammensein. Danach gilt er als verabschiedet. lesen Sie hier die kurze Geschichte).

Zu guter Letzt ein Gedanke zur Wiederauferstehung: Einem Storch darf man nichts zuleide thun, denn er ist anderwärts ein Mensch. Wer schon mal in Litauen war, weiß um die vielen Mäste und Storchennester die es dort gibt. Dagegen werden z.B. Hunde ziemlich begrenzt gehalten.

Quellen

  1. Nach einem Gespräch mit Erika Rademacher (Ruodkoviene) im Mai 2013 auf dem Friedhof von Feilenhof. Frau Rademacher pflegt die Friedhöfe von Kinten, Suwehnen und Feilenhof
  2. Manfred Vasold, Die Pest, Stuttgart 2003
  3. Storz, Karl: Darkehmen - Geschichte des Wohnplatzes und der Stadt bis zur Gegenwart, 1925
  4. Die Volksagen Ostpreußens, Litthaunes und Westpreussens, gesammelt von W.J.A. von Tettau und J.D.H. Temme, Nicolaische Buchhandlung, Berlin 1837