Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/046

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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Aus dieser Erbberechtigung der Familie des Meiers und der Unteilbarkeit des Meiergutes entwickelte sich das für die Erbfolge in Meiergüter so wichtige Rechtsinstitut des Anerben. Der Anerbe war diejenige Person, die aus den sonst gleichberechtigten Verwandten des Meiers durch Gesetz oder Gewohnheitsrecht, oder durch Verfügung des Meiers, oder endlich durch die Bestimmung des Grundherrn zur Nachfolge in das Meiergut berufen wurde.

Von diesen drei Arten der Berufung bestand gesetzliche Bestimmung des Anerben vor allem in Lüneburg und Hoya. Hier hatten die sogenannten Successionsedikte von 1702 und 1720 allen Kindern des Meiers ein bei vorhandener Tüchtigkeit weder durch Verfügung des Meiers noch des Grundherrn verrückbares Erbrecht gegeben.[1] Gesetzlicher Anerbe war der älteste Sohn oder, wenn Söhne fehlten, die älteste Tochter. Bei mangelnder Wirtschaftstüchtigkeit des Ältesten traten seine Brüder nach dem Alter an seine Stelle, dann kamen in derselben Reihenfolge die Töchter.

Wissenschaft und Rechtsprechung hatten, indem sie einerseits auch den Descendenten der zunächst Berechtigten ein Erbrecht vor den Geschwistern desselben gaben und andererseits den vom ersten Erwerber stammenden Kollateralen mit ihren Descendenten in der durch das Edikt bestimmten Reihenfolge ein ebenfalls unverrückbares Erbrecht zubilligten, die meierrechtliche Erbfolgeordnung nach dem Muster der Lehnserbfolge mit Primogenitur gestaltet.[2] Von dieser Auffassung der Erbfolge in Meiergüter kam man seit dem Ende des 18. Jahrhunderts auch in Lüneburg wieder zurück.[2]

Ein gewohnheitsrechtlich feststehendes unentziehbares Anerbenrecht des jüngsten Sohnes bestand wahrscheinlich nur in der Grafschaft Diepholz.[3] Außerdem aber hatte kraft Gewohnheitsrechts in Hoya-Diepholz, einigen bremischen Ämtern und in Braunschweig-Wolfenbüttel der aufgeheiratete Ehegatte bei Kinderlosigkeit ein die übrigen Verwandten ausschließendes Erbrecht am Meiergut.[4]


  1. Vgl. die bei Grefe II, S.212, Note b angeführten Stellen. — Pfeiffer, Meierrecht, S.239 ff. — Niemeyer, Meierrecht in Hoya, S.98 ff.
  2. 2,0 2,1 Vgl. Neues Magazin f. hannoversches Recht, Bd.VI, S.269-273. — v. Ramdohr, Juristische Erfahrungen, Bd.III, S.178-180, — v.Bülow und Hagemann, Praktische Erörterungen, Bd.II, Nr.33. — Strube, Rechtliche Bedenken ed. Spangenberg, Bd.II, S.50, Anm.
  3. Vgl. Strube, Rechtl. Bedenken III, Nr.124 (II, 300). — Archiv des hist. Vereins f. Niedersachsen (N.F.) 1849, S.124 ff. — Dagegen, Schlüter, Beiträge f. d. hannoversche Landesrecht, Bd.I (1884), S.322 ff.
  4. Vgl. S.38 Anm.3 u. S.45 Anm.3. — Für Braunschweig-Wolfenbüttel: v.Selchow, Electa iuris Germanorum publici et privati. Leipzig 1771. Nr.7, S.434. — Gesenius, Bd.I, S.538 und Bd.II, S.241.