Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/016

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
<<<Vorherige Seite
[015]
Nächste Seite>>>
[017]
Grundherrschaft-nw-dland.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Bevor dieser Text als fertig markiert werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.


diesem konnte er häufig genug entsetzt werden, sondern an die Scholle des ganzen Gutsbezirks. Als Erbunterthan mußte der nicht angesessene Bewohner des Gutsbezirkes auf Befehl des Gutsherrn einen leerstehenden Bauernhof, freilich nur im Gebiet des Rittergutes, dem er gutsunterthänig war, annehmen, bewirtschaften und die herkömmlichen Leistungen davon entrichten. Auf dem heimatlichen Gutshofe, aber auch nur da, mußten die erbunterthänigen Bauernkinder Gesindedienste leisten.

Diese gutsherrliche Verfassung hatte eine bestimmte wirtschaftliche Bedeutung, einen Zweck, dem sie diente und ohne den sie nicht begriffen werden kann. Auf ihr beruhte nämlich der eigene Landwirtschaftsbetrieb des Gutsherrn, der auf allen Rittergütern bestand und fast immer die Natur einer kapitalistischen Produktionsunternehmung besaß. Er war nicht wie das niedersächsische Rittergut eine von dem Bauerngut nur wenig verschiedene Ackerwirtschaft, durch welche das dem Rittergutsbesitzer seit dem Mittelalter unmittelbar zustehende steuerfreie Ackerland in der überlieferten Weise nutzbar gemacht wurde, sondern er war ein moderner, für den Markt arbeitender Großbetrieb. Dieser Großbetrieb hatte viele Arbeiter notwendig. Daher bezog der Gutsherr wenig Renten, aber desto mehr Dienste als Äquivalent für die Nutzung des Gutes von seinen Bauern. Aus diesem Grunde mußten die Bauernkinder und die nichtbäuerlichen Bewohner des Gutsbezirkes Gesindedienste leisten. Die wachsende eigene Landwirtschaft des Gutsherrn brauchte mehr Ackerland, und aus diesem Grund wurde das Besitzrecht der Bauern bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts verschlechtert, und die frei werdenden Ackerhufen wurden zum Gutsland eingezogen. Da die Lage des Bauern bei unsicherem Besitzrecht und schwerer Dienstlast sich wenig beneidenswert gestaltete, so bildete sich der Rechtssatz aus: der Bauer darf den Gutsbezirk ohne Erlaubnis seines Herrn nicht verlassen, und der andere: jeder Bewohner des Gutsbezirkes muß auf Verlangen des Gutsherrn eine bäuerliche Stelle annehmen. Alle die Hauptsätze der gutsherrlich-bäuerlichen Verfassung Preußens im 18. Jahrhundert lassen sich durch die Bedürfnisse des landwirtschaftlichen Großbetriebes auf dem Rittergut erklären und begründen. Insbesondere hatte der preußische Gutsherr in der Erbunterthänigkeit eine Arbeitsverfassung für den landwirtschaftlichen Großbetrieb geschaffen.

In der preußischen Gutsherrschaft ist auch Obereigentum über Bauernhöfe, also die Grundlage auch der niedersächsischen Grundherrschaft,