Deutsche und französische Kultur im Elsass/077

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Deutsche und französische Kultur im Elsass
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Bildunterschrift:
Elsässische Arbeitertypen (Klingenthal).

Erscheinung. Das ganze Volk besitzt es als Grazie und Geschmack, beim bildenden Künstler heisst es Formensinn, künstlerischer Takt oder künstlerische Gestaltungskraft. Es ist ein kostbares Erbstück aus dem in Frankreich nie ganz verloren gegangenen Schatz der antiken Kultur. Diese angeborene Anlage wird durch das technische Streben im höchsten Masse ausgebildet, und so erlangt der französische Künstler nicht nur die vollkommene Herrschaft über die Ausdrucksmittel, sondern auch das Urteil über das in der Kunst Darstellbare und Darstellenswerte in viel höherem Masse als der Deutsche, der weder die Naturanlage noch das gleiche unbefangene technische Streben besitzt.

So kommt es, dass zwar nicht die gedankenschwersten, aber doch die bildnerisch vollendetsten Werke heute der französischen Kunst entstammen, dass die bildende Kunst als Ganzes, also auch in ihren Durchschnittsleistungen, in Frankreich hoch über derjenigen Deutschlands steht, dass sie diese im Lauf des 19. Jahrhunderts auch stark beeinflusst hat, ohne dass es den Nachahmern jemals gelungen wäre, ihre Vorbilder zu erreichen. Um eine Kunstblüte wieder zu finden, wie sie Frankreich in den ersten zwanzig Jahren der dritten Republik erlebt hat, muss man in der deutschen Kunstgeschichte bis in die Tage Dürers und Holbeins zurückgehen. Im 19. Jahrhundert hat die deutsche Kunst alle Stilarten und alle Techniken versucht, ohne dass es ihr gelungen wäre, in irgend einem Stil oder irgend einer Technik die höchste künstlerische Vollendung zu erreichen.

Aber nicht nur in den bildenden Künsten, sondern auch bei der Befriedigung der Bedürfnisse des täglichen Lebens tritt dieser Tiefstand der Sinnenkultur Deutschlands hervor. Gerade