Der lange Weg nach Trakehnen

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Ein Bericht von Katrin Teschner, Quelle: Braunschweiger Zeitung, Erscheinungsdatum 09. Juni 2012.
Die schriftliche Einwilligung der Autorin zur Veröffentlichung im Portal Stallupönen/Ebenrode und hier in Trakehnen liegt vom 29.09.2013 schriftlich vor.


Um das Standbild des legendären Hengstes „Tempelhüter" zurück nach Trakehnen zu holen, scheute der Braunschweiger Hagen Mörig[1] keine Wege: 2009 machte er sich von Berlin aus auf den Weg nach Russland, der Freiherr Heinrich von Sennen aus Steimbke führte den Tross mit einem Vierergespann mit vier Trakehner-Schimmeln an. Foto: Privatbild

Seit Jahren kämpft der
Braunschweiger Hagen Mörig
dafür, dass die Statue eines
legendären Trakehner- Hengstes
in seine Heimat zurückkehrt.
Die Russen hatten sie einst als
Kriegsbeute mitgenommen.
Es ist die Geschichte eines
langen diplomatischen Tauziehens.


Hoch zu Ross hat Hagen Mörig[1] nur einmal gesessen; während eines begleiteten Ausritts. Nach dieser Erfahrung war er froh, wieder auf seinen eigenen Beinen zu stehen, die großen Tiere flößen ihm Respekt ein. „Um ehrlich zu sein, habe ich sogar Angst vor Pferden", sagt er.

Umso erstaunlicher ist es, dass sich der Braunschweiger seit Jahren für ein Pferd einsetzt, auch wenn es sich in diesem Fall um einen lebensgroßen Bronze-Abdruck handelt. Hagen Mörig will, dass das Standbild des legendären Hengstes „Tempelhüter"[2] zurück nach Trakehnen kehrt, zurück ins ehemalige Ostpreußen. Dort stand die Statue bis 1944 auf einem Sockel vor dem Hauptgestüt, bis die Rote Armee sie als Siegestrophäe mit nach Moskau nahm. Der Rentner hat sogar Wladimir Putin geschrieben, damals noch Ministerpräsident in Russland. Nun könnte seine Beharrlichkeit mit Erfolg gekrönt werden, wenn auch mit einigen Abstrichen.

Warum sich der 69-Jährige für die Menschen in Trakehnen, dem heutigen Jasnaja Poljana[3], einsetzt, warum er trotz seiner Angst vor Pferden für ein wichtiges Symbol der Trakehner- Zucht kämpft, erklärt er so: „Ich habe ein Helfersyndrom."

"Wer mit Russland Geschäfte machen
will, muss einen langen Atem haben."
Hagen Möring
Hagen Mörig in seinem Haus in Braunschweig. Er will den Menschen in Trakehnen helfen.
Foto: Katrin Teschner
Die Bronze-Statue des Hengstes „Tempelhüter" steht heute im Landwirt-schaftsmuseum in Moskau. Einen Originalabguss will Hagen Mörig zurück nach Trakehnen holen, dafür hat er Spenden gesammelt.
Foto: privat

Tatsächlich hätte sich der ehemalige Zahntechnikermeister längst zur Ruhe setzen, sich ganz seinem Hobby, der Jagd, widmen können. Doch der Zufall wollte es, dass er 2001 durch seine regelmäßigen Reisen ins ehemalige Ostpreußen einen österreichischen Bau-Unternehmer kennenlernte, der ihn um Hilfe bat. Es ging um den Aufbau einer Siedlung für vornehmlich Russlanddeutsche im Regierungsbezirk Kaliningrad. Insgesamt blieb er fast ein Jahr in Jasnaja Poljana, übernahm für neun Monate sogar die Leitung des Betriebs mit 82 Mitarbeitern, weil der eigentliche Firmenchef Ärger mit den russischen Behörden hatte. „Den Menschen in Trakehnen geht es sehr schlecht; die Arbeitslosigkeit ist groß", sagt Hagen Mörig. „Wenn Sie so lange mit ihnen durch dick und dünn gegangen sind, wenn Sie die Familien und ihre Schicksale kennen, dann verbindet das."

2007 gründete Mörig mit Freunden den Verein „Hilfe für Trakehnen"[4]. Die Idee war, Spenden zu sammeln, um das ehemalige Hauptgestüt wieder aufzubauen und anschließend dessen Aufnahme in die Liste des Weltkulturerbes der Unesco zu beantragen. So sollen Touristen in die Region gelockt werden.

Trakehnen war nicht irgendein Gestüt, es war einst das berühmteste und bedeutendste des Deutschen Reiches; einige Gebäude, darunter das Landstallmeisterhaus, sind inzwischen durch Spenden von anderen Förderern restauriert worden. Doch es geht Mörig um die historisch korrekte Wiederherstellung des gesamten Ensembles. Und dazu gehört auch das Wahrzeichen: die Statue des Hengstes „Tempelhüter", geboren 1904 in Trakehnen und bis zu seinem Tod 1933 lange als Deckhengst im Einsatz, Vater von 333 Fohlen. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs steht das Bronze-Standbild in der Halle des Landwirtschaftsministeriums in Moskau.

Mörig sammelte 11000 Unterschriften, um die russischen Behörden von seinem Anliegen zu überzeugen. 2009 machte er sich von Berlin[1] aus auf den Weg nach Russland, der Freiherr Heinrich von Sennen aus Steimbke führte den Tross mit einem Vierergespann mit vier Trakehner-Schimmeln an. Weil sie für die Pferde keine Einreisegenehmigung erhielten, legten sie die letzten Kilometer bis Jasnaja Poljana mit dem Landrover zurück. Dort übergaben sie die Petition dem Bürgermeister. Weil dieser nicht reagierte, wandte sich Hagen Mörig an den Gouverneur und weil der Gouverneur ihm das empfahl, schrieb er schließlich ein Bittgesuch an Putin. Im Januar 2010 kam die Antwort des russischen Kulturministeriums: „Tempelhüter" bleibt in Moskau, das sei nicht verhandelbar, aber er dürfe eine Kopie anfertigen.

Inzwischen hat Mörig 35 000 Euro an Spenden gesammelt, er hat eine Bronzegießerei in Russland gefunden, die den Abguss machen wird, er ist fast am Ziel. Im Juni wird er wieder in die Region reisen, um letzte Details zu klären. Wann wird „Tempelhüter" wieder in Trakehnen stehen? Mörig lacht. „Wer mit Russland Geschäfte machen will, muss einen langen Atem haben", sagt er. „Ich habe es aufgegeben, ein Datum festzulegen."

Aber darauf kommt es auch nicht mehr an; ein gutes Ende ist in Sicht, das zählt. Und wenn alles vorbei ist, will Hagen Mörig ein Buch über seine Erlebnisse schreiben. Den Titel hat er auch schon im Kopf: „Von Moskau zurück nach Trakehnen". Mit seiner Hand malt er einen Kreis in die Luft. Untertitel: „Ein ostpreußischer Mythos kehrt heim." Anschließend will er wirklich in den Ruhestand gehen. Sagt er.


Fakten:
Jasnaja Poljana (Trakehnen)
ist ein Dorf in der Oblast Kaliningrad in Russland.
1731 gründete hier Friedrich Wilhelm I. von Preußen, genannt Soldatenkönig, das Königliche Stutamt Trakehnen, das alle Pferdebestände Ostpreußens zusammenführen sollte. Von 1919 bis 1944 hieß es dann Preußisches Hauptgestüt Trakehnen.
Ende 1944 wurde das Hauptgestüt in Ostpreußen vor der herannahenden Roten Armee evakuiert.
Nur rund 700 Trakehner-Pferde überlebten den Zweiten Weltkrieg und die Flucht der Deutschen nach Westen. Sie wurden dann in den Gestüten in Hunnesrück[5], Neuhaus im Solling, Rantzau und Schmoel gehalten.

Fußnoten

  1. 1,0 1,1 1,2 Informationen / Info-Briefe / Pressemitteilungen (22.11.2013)
  2. Artikel Tempelhüter. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. (22.11.2013)
  3. Artikel Jasnaja Poljana. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. (22.11.2013)
  4. Hilfe für Trakehnen e.V. (22.11.2013)
  5. Niedersächsisches Hengstaufzuchtgestüt Hunnesrück (22.11.2013)

Weblinks

Video: Trakehner ein Kulturgut Ostpreußens (22.11.2013)

Tempelhüter. Rückkehr eines Symbols (22.11.2013)

Tempelhüter darf zurückkehren, Preußische Allgemeine Zeitung (PAZ) (22.11.2013)

Zahnmedizinisches Abenteuer in Trakehnen (22.11.2013)

Ländliche Wirtschaft (Trakehnen) (22.11.2013)

Der Mythos Trakehnen - 275 Jahre Hauptgestüt Trakehnen (22.11.2013)

Artikel Ostpreußisches Landesmuseum, in Lüneburg. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. (22.11.2013)