Australische Auswandererbriefe (1934)/15

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Der Heimat Bild“ - Australischen Auswandererbriefen nacherzählt von Walter Fläming
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Wir bauen sie ganz aus Holz als Blockhäuser, wie Ihr sie aus den Indianergeschichten kennt. Das Dach ist mit Stroh oder Splitt gedeckt. Fensterscheiben aus Glas kennt man nicht. Zieht es zu sehr, sa verhängen wir das Fensterloch einfach mit Leinwand. Einen Hausboden bauen wir auch nicht ein. Man kann also von der Stube gleich in die Dachsparren gucken. Ueberhaupt hat das ganze Haus nur einen einzigen Raum. In der Wand ist ein Loch, da haben wir den Herd aus Bruchsteinen gebaut; und nach außen ist so etwas wie ein Kamin angebaut. Unsere Möbel haben wir uns selbst gebaut; aber wir brauchen ja bloß einen Tisch, ein paar Schemel, eine Bank und ein paar Bettladen. Farmer, die nicht aus Deutschland stammen, haben nicht ein einziges Stück Möbel darin. Dielen kennen wir auch nicht. Wir legen den Fußboden mit flachen, plattenartigen Steinen aus. Wenn ich erst nicht mehr so viel Rodearbeit habe, werde ich mir rings ums Haus eine überdeckte Veranda bauen; so ist das hier Sitte. Den ganzen Tag über kommen wir nicht in die Stube, nur des Nachts zum Schlafen. Wir essen und trinken im Freien; und das ist eine feine Sache.

      Von reißenden Tieren haben wir hier nichts zu fürchten. Lästig sind nur die vielen Tausendfüßler und Skorpione. Sie sitzen unter der Rinde im faulen Holz. Ihr Biß ist sehr schmerzhaft und schwer zu heilen, darum liebt man auch das Barfußgehen nicht. Schlangen gibt es hier die schwere Menge, schwarze und graue. Die schwarzen sind seltener; man trifft sie nur am Wasser. Obgleich ihr Biß recht schädlich ist, so meiden sie für gewöhnlich den Menschen. Ganz große, die weniger schädlich sind, halten sich im schwarzen Boden. Ich habe neulich selbst 2 herausgepflügt; sie waren so 6 Fuß lang und so dick, daß man sie kaum mit der Hand umfassen kann. Große Ausregung gibt es, wenn so eine Schlange durch die Wandritzen ins Haus kommt. Darum hält jeder einen guten Hund. Ich habe einen, der ganz scharf auf Schlangen geht, so wie bei Euch die Mäuse- oder Karnickeljäger.

      Raubvögel gibt es hier auch nicht, bloß große Scharen schwarzer Krähen. Die sind so frech, daß sie uns über die Hühnerkücken und die Eier herfallen. Die gewöhnlichsten Vögel sind hier die Kakadus. Sie find ganz weiß. Auch viele Arten von Papageien flattern herum. Singen können sie nicht, aber kreischen, daß einem die Ohren wehe tun. Sie haben dieselben Manieren wie die Deutschländer Sperlinge und richten im Felde manchen Schaden an. Das interessanteste Tier ist wohl der Vogel Strauß, aber bei uns hier schon recht selten. Er kann nicht fliegen; aber er läuft schneller als ein Pferd galoppiert. Kommen ihm die Hunde zu nahe, so setzt er sich zur Wehr; und passen sie nicht mächtig auf, so haut der Strauß ihnen eins mit dem Fuß hinter die Ohren, daß sie laut aufjaulen und nicht wieder rangehen.

So kommen die „Tucheimer“ voran

Lieber Vater, liebe Geschwister!

      Weil Ihr immer noch im Zweifel waret, ob es auch wirklich mit den ersten Tucheimern hier so steht, wie sie Anno 1851 geschrieben haben, so will ich Euch nur sagen: es stimmt alles aufs Haar. Sie sind in der kurzen Zeit mächtig vorangekommen. Ich habe alle gesprochen. Sie meinen, heute nehmen sie nicht einmal das größte Tucheimer oder Paplitzer Bauerngut geschenkt, wenn sie ihre Farm hier aufgeben sollten. Erst mol leben sie halb so geplagt wie in Deutschland, haben mehr, als sie aufessen können, und hören und sehen nichts von all den Unruhen, die Ihr jetzt noch durchzumachen habt. Wir leben nach Eurer Meinung in einem wilden Lande; aber von Mord und Diebstahl hört man in unserer Ecke nicht viel. Alles ist hier ohne Zwang. Die Tucheimer sind ganz andere Kerle geworden als die sie zu Hause waren. Das war ja schon schlimm auf unsern Dörfern. Da zog man ja vor lauter Eitelkeit und Eigenheit und weil es sich nicht schickte den Rock nicht mehr aus.