Australische Auswandererbriefe (1934)/12

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Der Heimat Bild“ - Australischen Auswandererbriefen nacherzählt von Walter Fläming
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Diese Stiere waren 4 Jahre alt, denn hier bleiben sie Stiere, bis sie richtig ziehen können. Es kommt manchmal vor, daß sie 8 bis 10 Jahre alt werden. Ihr könnt Euch wohl denken, was das für Mühe kostet, sie ins Geschirr zu kriegen. Und weil wir von Muttern her das gute Einschlachten gewohnt sind, riskierten wir 2½ Pfund für ein Schlachteschwein. Es war aber so mager, daß wir es erst tüchtig anfütterten. Dazu schafften wir für die kommende Zeit 3 kleine Schweine an, das Stück zu 9 Schillinge. 4 Enten kosteten das Stück 3 Schillinge; 4 Hühner zu 2 Schillingen das Stück. An Brotgetreide legten wir uns 30 Buschel[1] Weizen zu. Ein Buschel kam 10 Schillinge. Als Saatgut kauften wir 30 Buschel, den Buschel zu 10 Schillingen 3 Pence. Nach der Pflügezeit kauften wir noch eine Kuh mit einem 2 Tage alten Kalb. Die kosteten 6 Pfund 10 Schillinge. Das ist nun jetzt unser Vieh. Wir begnügten uns zunächst mit einem alten Pflug, der kostete 4 Pfund; ein neuer soll 10 Pfund kosten. 2 Eggen kamen 4 Pfund 8 Schillinge. Einen Wagen habe ich noch nicht, dafür muß man 40 Pfund ausgeben. 4 Buschel Gerste kosteten 8 Schillinge der Buschel; zwei Tonnen Heu brauchten wir auch für die Ochsen als Futter, wenn sie beim Pflügen so schwer heran müssen. Also fangen wir ganz einfach an. Man muß auch hier immer hübsch die Füße auf der Erde behalten und nicht mit dem Kopf über die Wolken hinauswollen.

Eine australische Rechnung

      Da wundern sich in Paplitz und Tucheim die Leute, daß die Farmer hier so hohe Löhne zahlen können. Ich will Euch mal eine australische Rechnung aufmachen; da könnt Ihr denn ja selbst nachrechnen, ob sie ausgeht. Wenn ein Farmer wie ich 40 Acker Land einsät, so braucht er für den Acker je einen Buschel Saatkorn. Auf dem schlechtesten Boden hat man noch immer als Ernteertrag das zehnfache Korn. Auf gutem Grund erntet man das 20- bis 25fache Korn, manchmal sogar das 30fache. Gerste hat sogar schon 40fältig getrugen. Nun vergleicht eure Ernteerträge. Auf dem Paplitzer Kostenplan gibt es in den allerbesten Jahren selten das 5fache Korn; und die Bauern auf den schweren Schlägen hinter dem Dorfe machen krille Augen, wenn sie da die 8-12fache Aussaat wiederkriegen. Ich habe sehr guten Acker, richtigen Kleieboden.

      Jetzt kostet der 14 Weizen 14 Schillinge, gleich nach der Ernte mehr als 10 Schillinge; die Gerste 9-10 Schillinge. Hafer hat den gleichen Preis wie Weizen. Roggen bauen wir gar nicht. Ich will mal ganz schlecht anschlagen und mich mit dem 10fachen Korn zufriedengeben. Dann hole ich von einem Acker 10 Buschel herunter. Das sind 400 Buschel auf meine halbe Sektion. Die verkaufe ich zu den landesüblichen 10 Schillingen für den Buschel; macht an Einnahme bloß von dem Acker 4.000 Schillinge. Da ich meinen Plan mit meiner Frau noch allein zwinge und keinen Knecht - man sagt hier Farmhand - brauche, habe ich an Unkosten für 40 Buschel Saatgut höchstens 450 Schilling und die Pacht von 6 Schillingen für den Acker, macht nochmals 240 Schillinge. So habe ich für den ganzen Acker nur alles in allem 690 Schillinge abzugeben. Zieht das von den 4.000Schillingen Einnahme ab; dann bleibt ein nettes Sümmchen übrig. Nun meint ihr, leben wollen die doch auch. Ja, das tun wir, und ganz anders noch als in Paplitz, denn mit bloß Mehlstippe und Leinöl oder einer Musstulle im Bauch kann man die Arbeit hier nicht leisten, wenn man bei Kräften bleiben will. Die paar Buschel Brotkorn fallen schon ab. Dus Vieh ernährt sich selbst und bringt uns kostenlos Fleisch, Wurst, Butter, Käse, Milch und Eier. Als ich meine Rechnung August Hoffmann und Friedrich Heinrich vorrechnete, haben sie laut aufgelacht. Und Friedrich Heinrich hat mich ganz ernsthaft auf die Schulter geklopft und gesagt:


  1. 1 Buschel gleich 60 Pfund.