Altersversorgung preussischer Soldaten

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Für die preußische Führung hatten gut ausgebildete und kriegserfahrene Soldaten einen hohen Wert. Deshalb wurden sie so lange wie möglich in der Truppe gehalten. Nur wenige konnten jedoch die Rolle eines ehrwürdigen Vorbilds für die jungen Rekruten erfüllen. Die meisten waren traurige Gestalten, die lediglich aus sozialen Gründen bei der Truppe belassen wurden. War der Zeitpunkt der Entlassung schließlich gekommen wurden die Veteranen in drei Klassen eingeteilt:

  • 1. solche, so noch zu kleinen Bedienungen gebraucht werden können
  • 2. solche, so zu dergleichen nicht zu gebrauchen sind, die dennoch aber vor sich etwas vermögen und zu leben haben
  • 3. solche, welche sich gar nicht helfen können

Soldaten der ersten Kategorie fanden sich in den Garnisonsregimentern wieder oder wurden von den Kriegs- und Domänenkammern als Akziseinspektor, Dorfschullehrer, Torschreiber oder Bote eingesetzt. Für die Übergangszeit erhielten sie einen Taler Wartegeld.

Für Soldaten der zweiten Kategorie entfiel die finanzielle Unterstützung. Dafür wurde ihnen die Militärzeit auf die Wanderjahre angerechnet. Die Veteranen der dritten Gruppe bezogen auf Dauer eine Unterhaltsbeihilfe in höhe eines Talers aus der Invalidenkasse. Handelte es sich um Invaliden, wurden sie in dem 1747 in Berlin gegründeten und nach militärischen Prinzipien geführten Invalidenhaus untergebracht. Das Invalidenkorps hatte drei Kompanien und zählte außer dem Kommandanten und dem Hauspersonal 12 Offiziere, 30 Unteroffiziere, sechs Tambours und 564 Gemeine. Auf Retzows Meldung über die Eröffnung des nach den Plänen des Ingenieurkapitäns Petri errichteten Hauses und die dankbare Freude seiner Bewohner erwiderte der König im November 1748, es werde dieses Bataillon wohl das einzige von der ganzen Armee sein, über welches ich mich freue werde, wenn es niemalen wird komplett werden könne.

Neben dem Invalidenkorps gab es das Korps der ausrangierten Gardeinvaliden in Werder bei Potsdam, das die Veteranen des Regimentes Nr. 6, des I. Bataillons Garde und des Regiments Garde sowie der Garde du Corps aufnahm. Die dienstuntauglichen Offiziere befanden sich, sofern sie nicht eigenen Grundbesitz hatten, in einer kaum günstigeren Lage. Bei Bedürftigkeit erhielten sie Gouverneur- oder Kommandantenposten in den Festungen, Verwendungen bei den Garnisonsregimentern oder eine der 40 Amtshauptmannschaften, die je 500 Taler einbrachten. Fehlten freie Stellen, zahlte der König den Generalen eine Pension von 1000 bis 2000 Talern, Stabsoffizieren einige hundert, Kapitänen und Leutnanten weit weniger. Ein Anspruch darauf bestand allerdings nicht. Jede Versorgung war reine Gnadensache. Offiziere, denen der König wegen der Kapitulation von Maxen, schlechter Haltung ihrer Regimenter der aus sonstigen Gründen zürnte, waren völlig auf sich gestellt. Starben Offiziere, erlosch die Pension.

Um die Not der häufig mittellosen Witwen mit oft zahlreichen Kindern zu lindern, ließ Friedrich aktive Offiziere deren Patenschaft übernehmen oder stellt die Söhne bei entsprechendem Alter vorrangig in die Armee ein. Probleme bereiteten ihm die Mädchen. Als Generalleutnant Christoph von Rothkirch um eine Stelle für seine Tochter bat, antwortete der König: Er soll hübsche Jungens machen, die kann ich alle unterbringen, aber mit den Madams weiß ich nirgends hin.

Zur Abhilfe wurde dem Potsdamer Waisenhaus 1774 ein Offiziertöchterinstitut (Fräuleinhaus) angegliedert. Die lediglich 16 Plätze reichten jedoch bei weitem nicht aus. Eine entscheidende Verbesserung der sozialen Lage trat erst mit der 1775 auf Initiative des Ministers von der Schulenburg gegründeten Allgemeinen Witwenanstalt ein, die sich aus Beiträgen der Offiziere finanzierte.

Für die Kriegswaisen hatte bereits Friedrich Wilhelm I. gesorgt. Das 1724 gestiftete Große Militärwaisenhaus in Potsdam war zunächst nur für die Kinder seines Leibregiments gedacht. Später fanden dort auch die Kinder anderer Soldaten Unterkunft, so daß das Haus bereits 1742 erweitert und 1771 durch einen Neubau ersetzt werden mußte. Mit der Größe des Hauses - 1758 beherbergte es 2000 Waisen - wuchsen aber auch die Mißstände, denn die Fabrikanten in Potsdam und Berlin hatten schnell erkannt, daß das Waisenhaus ein ideales Reservoir an billigen Arbeitskräften beherbergte. Bedenkenlos lieh die Verwaltung des Hauses die bedauernswerten Kinder an sie zur Arbeit aus. Erst General von Rohdich, der ab 1779 für das Militärwaisenhaus verantwortlich war, stellte die skrupellose Ausbeutung ab.

  • [Quelle: "Handbuch zur preußischen Militärgeschichte 1701 bis 1786"]

"Handbuch zur preußischen Militärgeschichte 1701-1786" Autor: Martin Guddat Verlag. Mittler, Hamburg 2001 ISBN 3-8132-0732-3